15. Oktober 2010

Burkina Faso

Die Regenzeit ist vorüber und wir trauern ihr schon nach. Von einen Tag auf den anderen verschwanden die Wolken und machten der nun unerbärmlich strahlenden Sonne Platz. Wir hatten schon fast vergessen wie drückend, allgegenwärtig sich diese Hitze anfühlt, momentan stöhnen selbst die Einheimischen. Wir hoffen erwartungsvoll auf Aklimation.

rhythmische Zubereitung von Tho aus Maniok

Die Ruinen von Loropeni zählen als einzige Sehenswürdigkeit in Burkina Faso zum Weltkulturerbe der UNESCO. Man könnte meinen diese historische Attraktion des Landes würde viele Interessierte anlocken und es gäbe demzufolge eine touristische Infrastruktur. Nicht so hier, Loropeni ist ein verschlafenes Dorf mit einigen Geschäften entlang der Hauptstrasse und nur ein von den Zeiten gezeichnetes Schild am Straßenrand weist auf die im Dschungel liegenden Zeugnisse des transsaharischen Goldhandels hin. Allerdings gibt es ein kleines Wärterhäuschen am Rande des Weges, welcher in den Dschungel führt. Alex ein Mitarbeiter der staatlichen Tourismusbehörde begrüßt uns freudig und bietet an, uns durch die Ruinen zu führen. Dies nehmen wir gern an. Auf einem Gebiet von gut zehn Hektar stehen bis zu zehn Meter hohe imposante Steinmauern. Die mindestens 1000 Jahre alten Reste einer alten Festung, welche im Laufe der Zeiten anscheinend mehrfach verlassen wurde. Mittlerweile hat sich die Natur einen Großteil des Terrains zurückerobert. Wurzeln und Bäume wachsen quer durch die Mauern über diese hinaus und haben diese arg in Mitleidenschaft gezogen. Ins warme Licht der Abendsonne getaucht ergibt dies eine eindrucksvolle optische Symbiose. Da erst ein kleiner Teil ausgegraben wurde, liegen noch viele Geheimnisse dieses Ortes im Dunkeln.

Anders als in den afrikanischen Ländern die zuvor auf unserem Weg lagen, ist hier das Fahrrad Fortbewegungsmittel Nummer Eins und es sind nur wenige Autos auf den Straßen unterwegs. Auch für uns als Autofahrer sehr angenehm. Demzufolge gibt es an jeder zweiten Ecke ne Art Fahrradwerkstatt und Autowerkstätten sind eher eine Seltenheit. Nur braucht unser Bus dringend eine Generalüberholung. Beide hinteren Federn sind gebrochen, Tank, Kühler und Ölwanne sind undicht und die Betätigung von Lenkung und Bremsen bedarf einer gewissen Einfühlung und Erfahrung. Außerdem löst sich die Karosserie langsam in ihre Bestandteile auf und einige Schweißarbeiten sind dringend notwendig. Ne schöne Liste. Wir halten in einer Kleinstadt und machen uns zusammen mit Ali und seiner Schweißercrew an die Arbeit. Ersatzteile sind nicht zu bekommen und so wird ordentlich improvisiert und angepasst. Mit anderen Worten unser Bus wird afrikanisiert und kommt den anderen Vehikeln auf den Strassen ein Stück weit näher. Nach drei Tagen schwarzer Hände funktioniert alles wieder irgendwie und die geplanten Ausgaben haben sich verdoppelt. Dies ist hier allerdings eher normal. Flitzer erstrahlt stolz in neuem, innerem Glanze worauf uns Ali zum Abschied eine einjährige Garantie gibt, wohlwissentlich, dass wir weiter nach Mali fahren wollen und wohl so schnell dieselbe nicht in Anspruch nehmen werden.


Nachdem das erledigt ist leihen wir uns Fahrräder aus und erkunden die reizvolle Gegend landesgemäß. Es gibt einige Wasserfälle, pittoreske Sandsteinformationen und einen von Nilpferden bevölkerten See zu sehen. Den Dickhäutern ist die pralle Sonne allerdings zu heiß und sie lassen sich nicht blicken. Der Weg zu einem der Wasserfälle ist nicht einfach zu finden, unwegsam und wir müssen einige Bäche durchqueren. Am Wasserfall angekommen verdunkelt sich plötzlich der Himmel, es fängt an zu Stürmen und die Gegend wandelt sich zu einem einzigen Wasserfall. Wir genießen das Naturschauspiel bei einer Partie Schach im Schutze eines kleinen Unterstands. Als sich der Regen legt wird es nicht heller und wir bemerken, dass die Dämmerung eingesetzt hat. Wir machen uns schleunigst auf den Rückweg. Es dürfte problematisch werden bei Dunkelheit den richtigen Weg zu finden und diese kommt schnell. Zu allem Überfluss ist einer der trägen Bäche vom Hinweg zu einem sehr lebhaften Fluss angeschwollen. Mit einiger Mühe durchqueren wir diesen und finden unter glücklich, leitender Hilfe des Vollmondes irgendwie den Rückweg zu unseren Fahrrädern. Nur sind diese nicht mehr da. Wir mussten für die Besichtigung des Wasserfalls einen kleinen Obolus entrichten. Im Preis inbegriffen das Versprechen des Wärters auf unsere Fahrräder aufzupassen. Auch der Wärter ist verschwunden. Er hat wohl nicht mehr mit unserer nächtlichen Rückkehr gerechnet und Feierabend gemacht was völlig verständlich ist. Allerdings nimmt er sein Versprechen sehr ernst und auch in dieser völligen Einsamkeit geht Sicherheit für ihn vor, woraufhin er unsere Fahrräder in seinem Häuschen eingeschlossen hat. Dies erfahren wir durch einen Zettel mit seiner Telefonnummer und dem Hinweis wir sollten ihn anrufen. Nur haben wir zwar ein Schachspiel aber kein Telefon dabei. So liegt noch eine 15 Kilometer Nachtwanderung vor uns. Bei Mondschein unter Sternenhimmel eher reizvoll als ärgerlich. Nach einigen Kilometern kommen wir durch ein in nächtliche Ruhe versunkenes Dorf. Hinter einer Mauer flackert ein Lichtschein. Als wir auf den Hof kommen werden wir von einigen um ein Feuer sitzenden Frauen sogleich eingeladen, mit ihnen zu essen. Wir fragen nach einer Möglichkeit zu telefonieren und nach einigen Rufen kommt ein ziemlich verschlafen dreinschauender Mann mit einem Funktelefon aus einem der umliegenden Häuser. Wir wählen die Nummer nur ist unser Fahrradsicherheitsverwahrer nicht mehr zu erreichen. Der Mann möchte uns für einige France mit seinem Moped in die Stadt fahren, was unsere Wanderung etwas abkürzt. Die Fahrräder holen wir am nächsten Tag ab.




Wir verbringen einige Tage im Busch. Taklo wohnt mit seiner Familie elf Büsche entfernt und ist froh über jede Abwechslung in dieser Einsamkeit. Er zeigt uns seine Felder, Affenfallen… Er ist Animist eine kleine strohgedeckte Rundhütte, gefühlt mit Federn, Knochen, einer Lanze, Puppen und allerlei anderen Gegenständen ist sein Schrein. Hier betet er zweimal täglich und bringt seinem Gott zu besonderen Anlässen Tieropfer dar. Hier bauen wir zum letzten Mal unser Kino auf. Wie nicht anders zu erwarten, weniger Zuschauer hatten wir noch nie. Zu viert schauen wir uns zwei Filme an, ein schöner Ausklang…



Bobo Dioulasso ist die zweitgrößte Stadt des Landes mit dem Charme einer gemütlichen Kleinstadt. Momentan werden allerdings zeitgleich gefühlt die Hälfte aller befestigten Straßen erneuert. Überall Baustellen, Absperrungen, Umleitungen und staunend begutachtende Menschenaufläufe dort wo ein neuer Asphaltteppich ausgebreitet wird.

Bobos Moschee

Wir wohnen bei Adama einem sympathischen Rastamann vor seinem Kulturverein, direkt an der Zuglinie, auf einer noch asphaltlosen, sehr breiten Straße in unserem Bus. Auf der Straße bewegt sich ein mannigfaltiger Strom von Transportmöglichkeiten an uns vorüber, Schaf- und Kuhherden, Frauen die erstaunliche Aufbauten auf ihren Köpfen tragen, von Hand, Esel oder Kuh gezogene Karren, gnadenlos überladene Fahrräder und Mopeds, Autos jeglicher Couleur und endlose Güterzüge im Schritttempo. Im Kulturverein gibt es ein kleines Tonstudio und Räumlichkeiten für kleinere Konzerte. Man trifft auf ne Menge netter Leute die hier herkommen, um Musik zu machen oder einfach nur Dame zu spielen. Erstaunlich und angenehm, hier wird nur Tee konsumiert und jegliches rauchen ist verboten. War Marihuana nicht fester Bestandteil der Rastafari? Es läuft tagein tagaus Reggae und wir müssen aufpassen, dass uns diese Entspannungsmusik nicht unseren letzten Nerv raubt und wir ganz und gar unentspannt werden.






Der Plan hier unser rollendes Eigenheim zu verkaufen und auf kleinen Mopeds weiterzureisen könnte aufgehen. Zumindest bürokratisch scheint dies, möglich zu sein. Es fehlt also nur noch ein geneigter Käufer. Diesen zu finden ist nicht einfach. Es kommen nur Geschäftsleute in Frage, da sich hier privat fast niemand einen Minibus leisten kann. Adamas Freunde helfen uns dabei. Täglich kommen Interessenten vorbei lassen sich den Bus zeigen, hören sich den wunderbar, klingenden Motor an, um am Ende zu sagen, sie würden sich später wieder melden. Dieses „später“ ist ein dehnbarer Zeitraum und so verbringen wir viel Zeit mit warten. Nebenbei klappern wir die wenigen Autohändler und -verwerter dieser Stadt ab und lernen einige skurrile Persönlichkeiten kennen. Trotz unseres konkurrenzlos preiswerten Angebots kommt es nur einmal zu ernsthafteren Verhandlungen. Ein Kuhhändler ist tatsächlich interessiert und hat, wie er blicken lässt, auch gleich Geld mitgebracht. Die Verhandlungen erinnern an das Spiel „Stille Post“. Der Kuhhändler und sein Kompanion sprechen ausschließlich Jula, dies wird von Samba ins Französische und dann von Aisha ins Englische übersetzt, wir tauschen uns in Deutsch aus, um dann unsere Antwort auf die Reise zurück zum Kuhhändler in seine traditionelle Sprache zu schicken. Er ist Analphabet und wir sind gespannt, ob es ein Kreuz auf den Kaufvertrag gibt. Dazu kommt es leider vorerst nicht, da wir uns nicht auf einen Preis einigen können.



Zumindest verkaufen wir unser liebgewonnenes Kinoequipment in diesen Tagen, schluchz... Aischa eine Kanadierin, die seit acht Monaten durch Afrika wandert und hitchhiked hilft uns dabei mit ihren Übersetzungskünsten. Lustig zu beobachten, die moslemischen Käufer sind anfangs sichtlich irritiert mit einer Frau feilschen zu müssen. Aischa hat ihren Spaß dabei und die Kaufwilligen merken bald, dass sie mit ihr kein leichtes Spiel haben.

öffentliche Toilette

Am Wochenende entfliehen wir diesem täglichen Trott und campen an einem einsamen Wasserfall. Leider bekommt Aisha hier Malaria und kann die herrliche Natur nicht wirklich genießen. Medikamente haben wir dabei und so pflegen wir sie gentlemanlike gesund. Nach einer weiteren Woche erfolgloser Bemühungen der Käufersuche entschließen wir uns Denselbigen in Mali zu finden und brechen in Richtung Grenze auf.




21. September 2010

Ghana

1957 erkämpfte Ghana als erstes Land Afrikas seine Unabhängigkeit und ist bekannt für eine mittlerweile demokratische Regierungsführung. Bisher wurden zwei Regierungen in freien Wahlen abgewählt und räumten tatsächlich den Platz an der Macht. Dies erscheint aus europäischer Sicht gewöhnlich ist es aber in Afrika keineswegs. Vergleichsweise nimmt die Zivilgesellschaft großen Anteil am politischen Geschehen und fordert ihre Belange ein. So sind der Lebensstandard und die Infrastruktur Ghanas denen seiner Nachbarn ein gutes Stück voraus.


Die Voltaregion erstreckt sich von der togolesischen Grenze bis zum gleichnamigen Stausee. Diese Region gehörte früher unter deutscher Kolonialherrschaft zu Togo. So trifft man immer wieder auf Spuren der Deutschen. Einheimische sprechen uns auf Deutsch an und sind mit Freude dabei ihre Sprachkenntnisse auszuprobieren. Einige haben ein etwas verklärtes Geschichtsbild und erzählen uns wie segensreich es doch damals unter den Deutschen war bevor die Briten kamen. Die Deutschen werden als diejenigen gesehen die die Eisenbahnen, Straßen usw. gebaut haben und die Briten als die, die all dies wieder kaputt gemacht haben.


Wir fahren nach Ho in die Hauptstadt der Voltaregion, genießen das lebendige Markttreiben und einige frisch gepresste Fruchtsäfte. Nebenbei frischen wir unsere Lebensmittelvorräte auf. Der Weg zu einem einige Kilometer vor der Stadt gelegenen Berg welcher eine gute Aussicht verspricht führt uns durch dichtes Grün unterbrochen von winzigen Dörfern. Die Gegend wird zunehmend feuchter, die Bäume lichter und der Weg für uns unpassierbar. Wir verbringen einen Tag in dieser Feuchtsavanne und lauschen dem nächtlichen Konzert der Natur. Eine Maus die sich in Togo bei uns einquartiert hatte setzen wir hier aus, eigentlich sollte sie sich hier wohl fühlen. Nächtlicher Regen hat den Weg in ein schlammiges Etwas verwandelt und nach einigen Pirouetten sehen wir verändert aus und sind froh wieder auf der Hauptstraße gelandet zu sein.

Unwegsamkeiten

Unser Weg Richtung Norden führt uns ins Gebirge der Voltaregion. Hier machen wir in einem kleinen Dorf am Fuße des zweithöchsten Berges Ghanas dem „Mount GEMI“ halt. Dieser ist nach einem deutschen Institut benannt und das Gipfelkreuz wurde anno dazumal von einem deutschen Missionar aufgestellt. Die Einwohner erzählen uns von einem Wasserfall ganz in der Nähe meinen aber auch, dass wir diesen allein nicht finden würden. Ein Bad unterm Wasserfall klingt verlockend und wir unternehmen bei einsetzender Dämmerung eine Wanderung in die Umgebung. Zu unserer Überraschung finden wir uns im dichten Dschungel wieder. Im Gewirr der vielen Pfade folgen wir einem Bach der uns aber nicht zum erhofften Wasserfall leitet. Ein Bad ist nötig so legen wir uns längst in die flachen Wasser des Baches und kommen auf diese Weise zu einer Erfrischung. Bei einem abendlichen Bier in der örtlichen Lokalität erfahren wir von einem Pfad durch den Dschungel zum Gipfel des Mount GEMI und einem Wasserfall in der Nähe desselben. Am Morgen brechen wir früh auf und wandern durch die wilde Pflanzenwelt in Richtung Gipfel. Es geht entlang eines Berghanges steil bergauf. Immer wieder lichtet sich das grüne Geflecht um uns und es bieten sich phantastische Ausblicke in die Umgebung und auf das tief unter uns gelegene Dorf. Einige halsbrecherisch am Berghang angelegte Felder auf denen zumeist Kasawa wächst kündigen ein nächstes Dorf an. Dort angekommen werden wir von den Einwohnern sogleich ins örtliche Tourismusoffice verwiesen. Hier wird für die Besichtigung der umliegenden Natursehenswürdigkeiten ein kleiner Obolus erhoben und ein Guide bietet seine Dienste an. Auf diese von den Kommunen organisierten und betriebenen Tourismusunternehmen trifft man überall in Ghana. Durch diese kommt Geld in die Dorfkassen, es entstehen einige Jobs und die Umgebung wird sauber gehalten. So die Theorie und tatsächlich unserem Eindruck nach auch die Praxis. Wir verzichten auf die Dienste eines Guides genießen die Aussicht vom Gipfel des Mount GEMI und nehmen ein Bad unterm Wasserfall. Am Abend wandern wir die einsetzende Dunkelheit im Rücken, eiligen Schrittes durch eine zunehmend vom Abendrot in märchenhaftes Rot getauchte Landschaft hinab ins Dorf.




Sandra, Heidi, Susanne und Christine vier deutsche Studentinnen lernen wir im Internetkaffe im Städtchen Hohoe kennen. Die vier arbeiten zusammen mit 13 weiteren Freiwilligen aus Deutschland in einem nahe gelegenen Dorf als Volunteere. Sie bringen den Kindern dort Englisch und den Umgang mit Computern bei und bespaßen sie am Nachmittag in einem Kinder und Jugendtreff. Für die Kinder, die sich sonst größtenteils allein überlassen sind, eine tolle Sache. Wir folgen ihrer Einladung und verbringen einige Tage in ihrem „deutschen Dorf“. Liz, lebt seit vielen Jahren in Ghana und hat dieses Projekt die „Kidscorner“ mit ihrem persönlichen Einsatz und privaten Mitteln ins Leben gerufen und betreibt dieses nun. Ein unterstützenswertes Projekt welches in der Umgebung Schule gemacht hat und von Einheimischen nachgeahmt wird. Eher eine Ausnahme den viele Hilfsprojekte funktionieren in erster Linie als guter Job und Einnahmequelle für die Betreiber und es kommt am Ende wenig bei den eigentlich Hilfsbedürftigen an. Einerseits ist Liz´s Engagement im Dorf sehr angesehen und sie wurde nicht zuletzt deshalb zur „Queen“ des Ortes gewählt allerdings geht ihr Einfluss auf die Kinder einigen Eltern zu weit. So wenden sich mittlerweile viele Kinder mit ihren Problemen eher an Liz die immer ein offenes Ohr hat als an ihre Eltern oder gehen am Nachmittag natürlich lieber in die Kidscorner, als aufs Feld um den Eltern zu helfen. Auch wurden ihr in der Vergangenheit von missgünstigen Neidern einige Steine in den Weg gelegt, die sie glücklicherweise bisher gekonnt zu umschiffen wusste.


Als wir Liz das erste Mal besuchen hören wir schon aus der Ferne lautes Trommeln. Auf ihrer Terrasse sitzen dicht an dicht Kinder und schlagen beherzt auf verschiedenste Percussioninstrumente ein. Für den Abend erwartet Liz in ihrem Haus ghanaische Musikerinnen. Sie wollen traditionelle Musik spielen und die Kinder darin unterrichten. Die Kleinen spielen sich schon mal warm. Am Ende geht leider wie sooft irgendetwas schief und der Besuch der Meisterinnen bleibt aus. Wir verbringen den Abend zusammen mit einigen der hilfsbereiten Studentinnen und Einheimischen in der örtlichen Ladenkneipenkombination bis der Besitzer ins Bett möchte und uns vor die Tür setzt.

Leibgericht Red Red - Bohnen, Kasawamehl und frittierte Bananen

Am nächsten Morgen geht es Hetai schlecht und er liegt mit hohem Fieber flach. Die Volunteere sind bei Familien im Dorf untergebracht und am Abend quartieren wir den kranken Hetai in eines ihrer Zimmer um. Mann und Frau unverheiratet im selben Raum das ist hier nicht ganz unproblematisch und sorgt für einigen Dorfklatsch. Auch ein Ausflug zweier Einheimischer, Guidos und drei der Volunteere auf einen der nahe gelegenen Berge ist Anlass genug für fantasiereiche Spekulationen. In ihrem Freiwilligenvertrag mussten die Volunteere unterschreiben keine „Romantischen Beziehungen“ einzugehen, no so was, ist doch wirklich Schade oder. Wir haben auch ohne ne gute Zeit.



Am Abend macht Guido für die Kids Kino. Als ein Dinosaurier auf der Leinwand erscheint verkriechen sich einige der Kinder unter ihren mitgebrachten Teppichen. Sorry! Glücklicherweise sind die Erwachsenen mindestens genauso zahlreich erschienen und können ihre Kleinen beruhigen. Die nächsten Tage verbringen wir damit gemeinsam die wunderschöne Gegend mit ihren vielen Wasserfällen zu erkunden. Nebenbei gibt es während Pistenfahrten immer wieder gewagte Trampolinkunststücke der Mitfahrenden auf Flitzers hinteren Plätzen zu bewundern. Wie wir viel später bemerken sind beide Stossdämpfer Makulatur und die Federn gebrochen. Erstaunlicherweise bringen es deren Reste in letzten Aktivismus zu wahren Höchstleistungen und lassen unseren Bus wie einen Springbock daherkommen.

Das Nationaltheater in Accra

Memorial für den Unabhängigkeitshelden und ersten Präsidenten Kwame Nkrumah

Bevor wir weiter in Richtung Westen entlang der Küste reisen verbringen wir einige Tage in Accra der Hauptstadt Ghanas. Hier wohnen wir bei Koko. Er kennt viele Musiker und träumt davon diese einmal zu produzieren. Momentan verbringt er seine Zeit jedoch größtenteils damit sich drittklassige chinesische und amerikanische Actionfilme anzuschauen. Unser Bedarf ist schnell gedeckt. Guido lernt im Laden um die Ecke einen Einheimischen kennen und lädt ihn zum Kaffe ein. Er erzählt viele fantastische Geschichten und von seinen abenteuerlichen Tagträumen. Irgendwann ruft Kokos Mutter Guido aufgeregt zu sich und warnt uns vor unserem Gast. Er wäre nicht ganz richtig im Kopf und damit gefährlich. Traurig das diese Meinung über geistig „Behinderte“ hier oftmals anzutreffen ist.


Koko, sein Neffe und den daneben erkennt ihr ja vielleicht

altes Fort der Portugiesen

Entlang der Küste gibt es viele kleine Festungen der Europäer aus der Sklavenhändlerzeit. Diese waren eher dazu bestimmt dieses damals lukrative Business gegen andere konkurrierende, europäische Mächte zu verteidigen, die Kanonen sind aufs Meer gerichtet. Wir treffen Judith und Mareike zwei Volunteere aus dem Dorf mit der Kidscorner wieder. Ihre Zeit dort ist vorüber und nun wollen sie uns einige Zeit in Richtung Burkina Faso begleiten. Für einige Tage campen wir direkt am Strand unter Palmen. An diesem Strand legen Meeresschildkröten ihre Eier ab, wir sind nur leider nicht zur rechten Zeit hier. Während eines nächtlichen Sturms wird Mareike am Kopf von einem herunterfallenden Palmenblatt (son Ding ist richtig schwer) getroffen. Ihr ist glücklicherweise nichts weiter passiert, sie scheint einen ziemlichen Dickkopf zu haben. Allerdings ist unser Zelt nicht so gut dabei weggekommen und nicht mehr zu gebrauchen, so schlafen wir nun etwas beengt zu viert im Bus.





Auf einem Dorf im Südwesten treffen wir Goldgräber und erleben die dazugehörige Stimmung. In der sonst so grünen Landschaft wächst kein Halm mehr. Auf unsere Frage nach einem Fluss, um ein Bad zu nehmen wird uns davon abgeraten, das Wasser wäre nicht gesund. Als uns gezeigt wird wie das Gold vom Gestein getrennt wird, wird uns klar warum. In einer Schüssel wird Quecksilber mit dem Gestein und Wasser vermengt und so lange gerührt bis das Gold vom Quecksilber gebunden ist. Danach wird das Wasser ohne Umschweife in die Gegend gekippt. Nachdem das Quecksilber durch ein Tuch gewrungen wurde bleibt ein kleines Naget zurück ca. fünf Gramm Gold, die Tagesausbeute dieser Familie. Hier scheint jeder sein kleines goldenes Glück zu suchen, auch während des Kochens oder Wäschewaschens wird von Männern wie Frauen Gold gewaschen. Als wir im Dorf Kino machen ist vom Film leider nicht viel zu hören, da ein fliegender Händler der Medikamente verkauft die Gunst der Stunde nutzt, um mit seiner Lautsprecheranlage den vielen Kinoschaulustigen seine Artikel lob zu preisen. Wir sind anscheinend die Einzigen die das stört, niemand sonst scheint genervt von dieser extra Beschallung.

Gold gefunden - vieles verloren


ein kleines Privatkonzert

In Kumasi der zweitgrößten Stadt Ghanas wohnen wir bei Bismark und seiner gastfreundlichen Familie. Zwei Stunden treiben wir durch die Stände des, mal wieder ein Superlativ, größten Marktes Westafrikas und haben lange nicht alles gesehen. Hier werden unter anderem die Kleiderspenden aus der westlichen Welt veräußert. Sie werden von Großhändlern in großen Überraschungspaketen angeboten. Eine Händlerin erzählt, dass die Pakete aus England besonders beliebt sind, die aus Korea eher nur Kindern und solche aus Norwegen nur Riesen passen würden. Wir decken uns mit neuen, weit gereisten Klamotten ein. Lieber hätten wir die Dienste eines befreundeten Schneiders in Anspruch genommen, doch die farbliche Pracht der angebotenen Stoffe ist uns zu gewaltig.
Bismark bei dessen Familie wir in Kumasi wohnten


Am Abend wollen wir ins Kino. Das Programmangebots im örtlichen Kino kann allerdings nicht locken, im Hauptsaal Action, im Nebensaal Porno. Wir gehen in unserer Nachbarschaft aus. Schon aus der Ferne hören wir Lifemusik. Es spielt dieselbe Band wie schon am Vorabend und wie auch jeden Freitag, Sonnabend und Sonntag. Über eine große Lautsprecheranlage interpretiert sie die Hits dieses und des letzten Jahres. Vornehmlich wird Highlive eine ghanaische Musikrichtung, die entfernt an Reggae erinnert gespielt. Bismark und seine Freunde hält es bei einigen Songs nicht auf den Stühlen. Getanzt wird in kleinen Grüppchen und sehr rhythmisch.

Kumasi

Kasawa bei uns besser bekannt als Manjok

lang lebe der Fussball

„Porcupine Warrios“ heißt der erfolgreichste Fußballclub Kumasis. Der Name ist der Geschichte der Ashantis entlehnt. Ihre Krieger waren berüchtigt für Kampfeskunst und Mut. Ihr Wappentier das Porcupine (Stachelstein) steht für ihre Gelassenheit und Ruhe die man nicht stören sollte, da dies wie auch bei diesem stachligen Tier schmerzlich für den Störenfried enden könnte. Die Stimmung der ca. zwanzigtausend Fans im Stadion ist berauschend. Sie haben diverse Trommeln, Bongos u.ä. mitgebracht und ziehen damit während des Spiels musizierend und tanzend durchs Stadion. In einer Bar gibt es Bier zu kaufen, doch wird eher gekifft als getrunken. Für jeden guten Spielzug egal welcher Mannschaft wird gejubelt, dies mag daran liegen, dass beide Teams aus Kumasi kommen. Die Anzeigetafeln funktionieren nicht. Bei jedem Wehwehchen fährt ein Golfmobil mit Blaulicht auf den Rassen, um den angeschlagenen Spieler an den Rand zu bringen, dieser steht dann meist sogleich wieder auf um zurück aufs Feld zu rennen. Jeder darf mal mitfahren. Nach dem Spiel gibt es Lifemusik und Tanz vorm Stadion, die „Dritte Halbzeit“ etwas anders.



Guidos Freiluftwerkstatt

Wir machen einen Tagesausflug zum Bosumtwe Kratersee. Bismark und zwei seiner Cousins begleiten uns. Vom höchsten Punkt des durch einen Meteoriteneinschlag entstandenen Kraters bekommen wir den ca. 200 Meter tiefer liegenden, malerischen See zum ersten Mal zu Gesicht. Eine schmale Straße schlängelt sich zu einem kleinen, direkt am Ufer gelegenen Dorf hinab. Der See ist ca. zehn Kilometer im Durchmesser, fast kreisrund, in seiner grünlich schimmernden Oberfläche spiegeln sich die ihn umgebenden, steil ansteigenden, dicht bewachsenen Berge. Dieser See ist den Ashanti heilig. Sie glauben ihre Seelen würden hier nach dem Tode auf ihren Gott treffen. Bismark erzählt uns, dass Bosumtwe Antilope bedeutet und einer Legende zufolge eine Antilope in den mittig gelegenen „Abfluss“ des Kraters stürzte und diesen infolgedessen verschloss. Durch dieses Opfer konnte das Wasser nicht mehr abfließen und der See entstehen. Auch kein Flugzeug oder Boot könne den See unbeschadet überqueren, da von ihm geheimnisvolle Kräfte ausgingen. Einige Wissenschaftler der Harvard Universität untersuchen momentan tatsächlich die Magnetkräfte des Sees. Mareike, Judith und Guido springen sofort ins erfrischende Nass, unsere einheimischen Begleiter und Hetai sind etwas zögerlicher. Hetai ist der Meinung es könnte Bilhazioseerreger am Ufer geben wohingegen Bimark & Co noch etwas Respekt vor den Tiefen und den darin verborgenen Geheimnissen haben. Lange können sie der Verlockung jedoch nicht widerstehen. Leider können wir nicht gemeinsam hinaus schwimmen. Keiner unserer einheimischen Begleiter kann Schwimmen. Allgemeinen Schwimmunterricht gibt es an ghanaischen Schulen nicht und Gelegenheiten sich durchs Wasser zu bewegen sind selten. So versucht Guido den Dreien einige Schwimmbewegungen beizubringen. Gar nicht so einfach im knietiefen Wasser, denn viel weiter trauen sie sich nicht hinaus. Die Idee, irgendwo haben wir noch einige Schläuche für unsere Reifen dabei. Diese sind schnell gefunden und aufgepumpt. Der Spaß ist perfekt, nun wird gepaddelt was das Zeug hält. Irgendwann, etwas später gibt dann wiederum Bismark einer schwarzen Badeschönheit ganz stolz die erste Schwimmstunde.



Badeidylle am Bosumtwe Kratersee



Auf unserem Weg nach Burkina Faso machen wir im Norden Ghanas in einem kleinen Dorf halt. Die Bevölkerung Larabangas ist eigener Aussage nach einhundertprozentig moslemisch. Ihr Stolz ist die älteste Moschee Westafrikas und ein mystischer Stein. Es ist der neunte September, der letzte Tag des Fastenmonats Ramadan. Die Leute sind voll der Erwartung der Feierlichkeiten zum Fastenbrechen. Einige Schafe werden diese nicht überleben denn es soll auch ein Festmahl werden. Ob dieses am Abend stattfinden wird hängt allerdings noch etwas von der Wetterlage ab. Nur wenn der abendliche Mond erblickt wird steigt die Party. Die Chancen stehen gut, die Wolkendecke reißt gerade auf und seitdem fast jeder Afrikaner ein oder besser zwei Mobiltelefone sein eigen nennt, reicht es aus wenn ein Glaubensbruder auch in einem anderen Ort den Mond zu Gesicht bekommt und dies über Funk kundtut.
Am Abend sind die Strassen voller aufmerksam in den Himmel blickender Leute. Und tatsächlich zeigt sich die zarte, rötlich schimmernde Sichel des Mondes kurz über dem Horizont. Freudig wird uns immer und immer wieder der Mond gezeigt und die Vorbereitungen der Feierlichkeiten sind in vollem Gang.


Hauptstrasse durch Larabanga, Autos sind hier selten

Wir pilgern indes zum mystischen Stein. Dieser soll selbst immer wieder an seinen angestammten Platz etwas außerhalb des Dorfes zurückkehren. Als eine Strasse gebaut werden sollte wurde er bis zu sieben Kilometer weit weggebracht und ward oh Mystik am nächsten Tag wieder an Ort und Stelle. Ob da wohl jemand nachgeholfen hat? Der Stein wollte nicht weichen, so wurde die Strasse aufwendig um den Stein herumgeführt. Dem Anschein nach ein gewöhnlicher, mittelgroßer Felsbrocken, liegt er auf einem Sockel und ist von einer niederen Mauer umgeben. Hier treffen wir Olli und seinen Freund. Wir kennen die Beiden schon. Sie wollen am mystischen Stein beten und fragen uns ob wir dies nicht zusammen tun sollten. Warum nicht, wir stellen uns im Kreis um den Stein, legen unsere Hände auf ihn und senden unsere Botschaften und Wünsche gen Himmel. Der vorherig von der Sonne beschienene Stein strahlt dabei eine wohlige Wärme aus und die Ruhe des Ortes ist dem feierlichen Anlass entsprechend.


auf dem Weg zum Gebet

Es wird noch viel getanzt, diniert und gebetet.
Am nächsten Morgen passen nicht alle Leute zum Gebet in die historische Moschee des Ortes. So lassen sich viele vor der aus Lehm und Holz errichteten Moschee zum Gebet nieder. Zum Mittag versammelt sich dann das ganze Dorf auf dem Dorfplatz zum Gebet. Es dauert etwas ehe die vielen umhertollenden Kinder beruhigt sind und das Gebet beginnt. Das geistliche Oberhaupt des Ortes kniet auf einem Teppich vor der versammelten Gemeinde. Sein leises Gebet wird erst von einem Helfer laut wiederholt, woraufhin es wiederum von der gesamten Gemeinde wiederholt wird. Nach einer halben Stunde ist alles vorbei und die in bunten Gewändern, feierlich gekleideten Einwohner ziehen wieder ihrer Wege.

älteste Moschee Westafrikas


die Wände der Häuser werden von den Frauen verziert


Im noch nicht ans Stromnetz angeschlossenen Nachbardorf zeigen wir am Abend Kino. Die Giebelwand der Schule bietet sich als Projektionsfläche an. Keiner der Lehrer dieser Schule kommt aus dieser Gegend. Wie wir erfahren gibt es hier allgemeine Schulen erst seit 1994. Vorher gab es einzig Koranschulen in denen der Koran und etwas arabisch gelehrt wurden. Die Befürchtung allgemeine Schulen würden die Kinder vom rechten Weg des Glaubens abbringen war zu groß, mittlerweile werden die Schulen auch von den Älteren als gut erachtet. Die Koranschule findet nun am Abend statt.