6. Februar 2009

Tansania

An der kenianisch tansanischen Grenze hat Guido die Grenzer etwas ausgetrickst, so dass wir keine Straßensteuer für Kenias Prachtalleen nachzahlen müssen. So haben wir mal schnell 320 Dollar gespart! Dort treffen wir einen Reisebus voller Hare Krishnas. Wie sie uns erzählen, sind sie durch Afrika unterwegs um den Afrikanern ihren Glauben näher zubringen. Vom missionieren Anderer halten wir im Allgemeinen nicht so viel, aber diese Reisegruppe hat in ihrer Gelassenheit eine angenehme Ausstrahlung. Wir werden jetzt auch jeden Tag unsere kleinen Mantras vor uns hin singen…

In Tansania angekommen fahren wir in die nahe gelegene Massai Mara zum Lake Natron. Dies ist Stammesgebiet des nomadisch lebenden Hirtenvolkes der Massai. Diese haben sich zumeist ihre alten Traditionen erhalten.

Der Weg dorthin ist mal wieder etwas für wahre Offroadfans. Da es stark geregnet hat haben sich neue Flussläufe gebildet. Wir haben so unsere Mühen und sind aufs Neue erstaunt was man mit Flitzer so alles anstellen kann. Bis wir irgendwann selbst mit Sandblechen und der Hilfe einiger Massai nicht weiterkommen. Glücklicherweise kommt nach drei Stunden Buddeln ein Jeep vorbei der uns aus unserer misslichen Lage befreit. Der Fahrer ist erstaunt wie Flitzer überhaupt dorthin gekommen ist, und meint er hätte in dieser Gegend noch nie einen Minibus gesehen.

Hätte ja klappen können....


Unterwegs nehmen wir ab und an einige Massai mit. Sie tragen bunte Gewänder und schmücken sich mit allerlei Bändchen und Perlen. Viele der Frauen tragen einen ausufernden Ohrbehang, der uns entfernt an erzgebirgische Schwippbögen erinnert. Durch das Gewicht der Selbigen sind die Ohrlöcher des Öfteren mehrere Zentimeter groß. Einige Männer haben ihre traditionellen Speere zur Selbstverteidigung dabei. Diese bestehen aus der metallischen Spitze und Endstück und einem hölzernen Mittelstück. Sie können zum besseren Transport in diese drei Teile zerlegt werden und sind meist mit Mustern verziert.


Die Landschaft ist traumhaft. Anfangs geht es durch steiniges Hügelland, vorbei am rauchenden Vulkan „Ol Doinyo Lengai“ und dann hinunter in die, von Bergen eingerahmte, staubige, teils von Sträuchern und Bäumen bewachsene Ebene. Dort begegnen wir Zebras, Impalas, Gnus, Straussen und süßen kleinen Kaninchen. Nur lässt sich leider keine Giraffe blicken.




An einem kleinen Fluss am Fuße eines Berges, schlagen wir unser zweites Nachtlager auf. Nach zwei Tagen Staub und Sonne nehmen wir zuallererst ein Entspannungsbad im Fluss. Am nächsten Tag ist ausruhen und die Gegend erkunden angesagt. Wir wandern und klettern durch eine Schlucht zu einem kleinen Wasserfall. Dabei müssen wir des Öfteren den Fluss durchqueren, dem fast eine von Olli`s Sandalen zum Opfer fällt. Interessant wenn man nie weiß wie tief das Wasser eigentlich ist.

Erstaunlich, es ist bis zum Horizont keine Menschenseele zu erblicken, aber egal wo man in dieser Weite anhält dauert es nie länger als fünf Minuten bis die ersten neugierigen Einheimischen auftauchen. Als wir am Abend mitten im Nirgendwo näher am See parken dauert es ganze zehn Sekunden bis sich zwei Massai als unsere Abendgäste einfinden. Diese haben meistens viel Zeit im Gepäck. An einem Morgen werden wir sogar durch eine Gesangsdarbietung einiger um Flitzer versammelter Kinder geweckt.

Nahe am See ist die Ebene völlig unbelebt und von einer wabenartigen Salzkruste überzogen. In der flirrenden Hitze hebt sich der eigentliche See kaum von seiner Umgebung ab. Keine Welle bewegt sein Wasser. Wären da nicht hunderte Flamingos und Pelikane die den See bevölkern, müsste man an der Echtheit dieses Bildes zweifeln.


Auf dem Rückweg kommen wir uns ins Deutschland zu Zeiten des Feudalismus zurückversetzt vor. Jeder noch so kleine Distrikt erhebt für die nicht vorhandenen Strassen seinen eigenen Wegezoll. Die ersten Zwei Male bezahlen wir noch artig. Beim dritten Mal sind wir genervt von diesem Abkassieren. Wir erkundigen uns wofür dieses Geld verwendet wird. Natürlich für künftige Strassen und soziale Belange des jeweiligen Dorfes, die Kinder, Schulen usw.. Guido erkundigt sich daraufhin, ob denn auch geplant sei einen Fußball für die Kinder zu kaufen, natürlich sei auch dies in Planung. Warum lange planen, wir haben doch so etwas dabei und so können sie sich den Weg in den Sportartikelladen sparen. Nach einigem hin und her gehen ihnen die Argumente aus und wir dürfen gegen Herausgabe eines unserer Bälle passieren.

Einige Kilometer weiter geschieht was eigentlich schon längst überfällig war. Einer der zahlreich vertretenen Steine schafft sich Eintritt in unsere Ölwanne woraufhin das Öl die selbige verlässt. Tja was nun? Glücklicherweise haben wir unser Altöl aufgehoben und mit Hilfe von etwas Alufolie, Zweikomponentenkleber und einer ordentlichen Portion Silikon flicken wir die Sache. Dabei werden wir von einem Sandsturm unterbrochen der dann in Regen übergeht und uns am Ende einen kunterbunten zweistöckigen Regenbogen schenkt.



So verbringen wir eine weitere Nacht in der Massai Mara. Das Silikon muss ja schließlich fest werden. Den Sonnenaufgang und die erwachende Natur genießen wir auf unserem Dachgarten.

Die Stadt Arusha ist eines der touristischen Zentren in Tansania. Hier kann man Safaris in die Serengeti, den Ngorongoro Krater oder eine Besteigung des Kilimandscharo organisieren. Als Weiße sind wir potentielle Kunden und werden ständig darauf angesprochen ob wir denn unsere Safari schon gebucht hätten. Haben wir noch nicht aber haben wir auch nicht vor, denn die Preise sind exorbitant. So kostet ein Eintagesausflug in die Serengeti rund 300 Euro und möchte man das Land vom Gipfel des Kilimandscharo aus betrachten ist man schnell 1000 Euro los. Man setzt halt eher darauf mit wenigen zahlungskräftigen Kunden genug Geld für die Erhaltung der Nationalparks einzunehmen und somit eine Art Massentourismus zu verhindern. Damit ist man bisher auch gut gefahren nur ist in diesem Jahr die Krise auch hier angekommen und die Buchungen sind um ca. 50 Prozent zurückgegangen. In Kenia sieht es ähnlich aus woraufhin man dort die Preise nahezu verdoppelt hat. Ob das die richtige Strategie ist bleibt abzuwarten.

Wir schlagen unser Lager im etwas außerhalb der Stadt gelegenen Masai Camp auf. Ein Campingplatz mit eigenem obligatorischen Safaritourunternehmen und einer wie uns berichtet wird gut laufenden Wochenenddisco. Hier treffen wir viele Safariabenteurer. Sie sind meist in Gruppen mit organisierten Overlandtouren, in zu einer Art Bus umgebauten Truck, unterwegs. Da diese Touren ein straffes Programm haben, sehen wir die Leute immer nur einen Abend. Wir erkunden die Stadt, relaxen, lassen unsere Ölwanne schweißen, grillen desöfteren und empfangen Hetei.

Direkt neben uns hat ein Schneider seine Nähmaschine aufgebaut und ist dabei neue Kissen für das Restaurant zu nähen. Er ist sofort bereit zwei unserer Kleidungsstücke wieder zusammenzuflicken und meint die Sache wäre am nächsten Tag erledigt. Als wir vier Tage später abreisen ist er mit einer Hose fertig. Halt alles „Polle Polle“ was soviel bedeutet wie langsam langsam und hier eine sehr häufig zu hörende Redewendung ist. Vielleicht etwas zu häufig für unser Empfinden aber mit etwas mehr dieser Arbeitsmoral würden viele Deutsche wahrscheinlich gesünder leben. Am Freitagabend teilen sich Schwarze wie Weiße die gut besuchte Tanzfläche der Disko. Die Barkeeper haben alle Hände voll zu tun um das eher wohlhabende Publikum mit tansanischem Kilimandscharo- und Safaribier zu versorgen. Einige Prostituierte sitzen auf Kundschaft hoffend am Rand, während auf der Tanzfläche nach europäischer Popmusik, afrikanischem Hip Hop und Reggae abgehottet wird. Leider macht die unglaubliche Lautstärke wie sooft Unterhaltungen nahezu unmöglich.

In Moshi einer Stadt am Fuße des Kilimandscharo besuchen wir Carola eine Journalistin und Filmemacherin aus Deutschland. Bevor Sie nach Tansania kam hat Sie viele Jahre in Nairobi und dann in Harare der Hauptstadt Zimbabwes gelebt und gearbeitet. Außerdem wohnen zwei dänische Hebamen in Ausbildung bei ihr die in den umliegenden Krankenhäusern einen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. So ist allabendlich für viel Unterhaltungsstoff gesorgt und wir erfahren viel über afrikanische Politik, Geschichte, Kultur…. Ganz nebenbei ist Carola eine begnadete Hobbyköchin und sorgt sich aufs Beste um unser leibliches Wohl.

Wir fahren stetig bergauf zum Gate des Kilimandscharo Nationalparks. Na jedenfalls fast, da Flitzer am letzten Anstieg scheitert. Der Weg dorthin, ein einziges großes Dorf, Fruchtbäume aller Art, kleinere Maisfelder und anderes Grünzeug bilden eine üppige Fauna. Der vulkanische Boden ist sehr fruchtbar und daher dicht besiedelt. Es ist Sonntag und die Strassen sind voller Leute die sich in Schalle geschmissen haben. Zumeist auf dem Weg zu oder von einer der vielen Kirchen, die hier in allen, selbst ungeahnten Ausrichtungen, ihre Schäfchen finden. Mehrere Gottesdienste nacheinander sind keine Seltenheit und so sieht man bis zum frühen Abend viele Menschen in oder vor den Kirchen versammelt. Wir wollen einige Stunden im Nationalpark wandern, kehren aber wieder um, als wir freundlich aufgefordert werden 186 Dollar Eintritt dafür zu zahlen. Auf Umwegen finden wir einen anderen Weg und wandern ohne schlechtes Gewissen einige Kilometer durch üppigen Primärwald.

Am Nachmittag nehmen wir an einer „Hasch“ teil. Einer Art Schnipseljagd durch Moshi mit anschließendem Picknick. Wir finden uns zwischen ca. 30 zumeist weißen Leuten in „Funktionskleidung“ wieder die kreuz und quer über Fluss und Acker einer aus Mehl gelegten Spur folgen. Einige von ihnen sind wirklich sportlich unterwegs. Wir schließen uns den gemächlicheren Spaziergängern an. Die Anwohner nehmen dieses Treiben erstaunt bis belustigt auf. Wieder am Ausgangspunkt angelangt werden bei Gesprächen, leckeres Gebäck und kühle Getränke gereicht. Wie uns berichtet wird findet unter den ansässigen Weißen alle zwei Wochen an wechselnden Lokalitäten eine Hasch statt. Ursprünglich stammt die Idee sportlicher Aktivität mit anschließendem Kneipenbesuch in dieser Form aus Kuala Lumpur.
Zum Sonnenuntergang lichtet sich endlich die Wolkendecke und die höchste Erhebung Afrikas präsentiert sich im Abendrot in voller Schönheit.

Der Weg zum Meer führt uns entlang einer alten von den Deutschen zur Kolonialzeit erbauten Eisenbahnlinie, wobei der Hauptanteil der Arbeit von afrikanischen Zwangsarbeitern erledigt wurde. Als wir in Pangani mit einer Autofähre über einen Fluss setzen wollen, ist diese mal wieder außer Betrieb und niemand kann uns sagen für wie lange noch. So fahren wir in die andere Richtung, weiter am Meer entlang und landen auf einem gemütlichen Campingplatz. Dieser wird von einem netten älteren Engländer geführt. Sofort fallen die zahlreich vertretenen Wachleute, in einer an alte Kolonialzeiten erinnernden Uniform auf. Alles macht einen sehr akkuraten Eindruck. Nur die Qualität der Speisen die hier nicht billig sind fällt aus dem Rahmen. Hier bewahrheitet sich das Klischee der schlechten englischen Küche. Am Abend bekommen wir ein Curry serviert welches tatsächlich völlig geschmacklos ist und das Toastbrot mit Margarine am Morgen kann auch nicht überzeugen. Selbst ist also der Koch.

Mit einer Daue, einem traditionellen arabischen Segelboot, mit denen schon die Sklaven verschifft wurden, brechen wir zu einem Schnorchelausflug zu einem nahe gelegenen Korallenriff auf. Faszinierend mit wie wenig Technik diese Boote auskommen, trotz sehr mäßigen Windes nehmen wir ordentlich an Fahrt auf. Nachdem wir ausgiebig die bunte Unterwasserwelt bestaunt haben, legen wir uns auf einer kleinen Insel etwas unbesonnen in dieselbige. Das rächt sich mit einem ordentlichen Sonnenbrand. An den nächsten zwei Tagen schmerzt jede Bewegung, nächtlicher Schlaff bleibt ein ferner Traum und unser beflissener Gang kann sich mit dem einer jeden Invalidengruppe messen.

Auf Einladung von Monika und Katarina der dänischen Hebamen ziehen wir, ganz in der Nähe mit in ihr angemietetes Ferienhaus. Sie haben noch einige Tage frei und wollen diese am Meer verbringen. Das Haus bietet für afrikanische Verhältnisse einigen Luxus und wir schlafen seit langem in richtigen Betten. Ach so, außer Olli der nur das Sofa abbekommt. Am Abend lernen wir in der örtlichen Tanzbar Joe kennen. Er ist unter anderem Fischer und lädt uns zu einem Angelausflug ein. Hetei konnte sich noch nicht wieder mit der Sonne anfreunden und bleibt an Land. Wir wandern am Morgen mit einer ordentlichen Schicht Sonnencreme auf der Haut zum Hafen Panganis. Hier liegen die kleinen Segelboote der Fischer am Strand. Sie sind viel kleiner als die arabische Daue, haben keinen Kiel und zur Stabilisierung seitliche Ausleger. Als wir Vier, Joe und zwei seiner Freunde an Board sind stellt sich die Frage wo der hoffentlich bald geangelte Fisch noch Platz haben soll. Auch dieses noch einfacher gehaltene Boot überzeugt auf See. Wir kreuzen hinaus, angeln keine großen Fische und nehmen ein erfrischendes Bad. Die Freunde von Joe kommen nicht mit ins Wasser, da sie nicht schwimmen können, was hier unter den Fischern keine Seltenheit darstellt. Nach einigen Stunden sind wir wieder an Land. Im Restaurant der örtlichen Schwesternmission lassen wir den Fang zubereiten und es uns schmecken.

Am Nachmittag unternehmen wir mit Mariano und Stephanie zwei Italienern die nicht weit von unserem Haus entfernt am Strand zelten eine Strandwanderung. Wir schauen uns die quasi Praxis eines afrikanischen Heilpraktikers an. Eine kleine Höhle am Strand in der einige Stäbchen vor sich hin räuchern, der Mediziner selbst ist leider gerade nicht anwesend. Die Palette der Heiler reicht vom erfahrenen und verantwortungsbewussten Anwender von Heilpflanzen, der schwere Krankheitsfälle ins nächste schulmedizienische Krankenhaus schickt bis zum Geisterbeschwörer der behauptet jede Krankheit zu heilen oder den entschwundenen Liebsten wiederzubringen. Dazu werden unter anderem menschliche Körperteile von Albinos als Medizin verwendet. Um dieser habhaft zu werden kam es immer wieder zu Morden an Albinos. Die tansanische Regierung hat deshalb als Schutzmaßnahme im letzten Jahr in Dar es Salam 2000 Notrufhandys an Albinos verteilt.

Am nächsten Tag empfangen wir Matan einen Israeli der drei Monate als Lehrer in Moshi gearbeitet hat und nun in unserem Bus mitreisen will. Zusammen erkunden wir Pangani, einen kleinen Fischerort mit netten Einwohnern und sehr angenehmer Atmosphäre. Heruntergekommene, teils eingestürzte Kolonialbauten künden von längst vergangenen Zeiten. Am Abend bereiten Mariano und Stephanie leckere echt italienische Pasta zu. Beim Essen derselben kommt Mariano in Fahrt und hält uns einen exaltierten, ausgiebigen Vortrag über die Zubereitung von Pasta, den wohl nur Italiener vollständig verstehen können. Dies ist unser letzter gemeinsamer Abend und es wird spät.

Am nächsten Morgen will Olli wahrscheinlich noch nicht ganz nüchtern, Monika und Katarina zu ihrem Boot nach Sansibar bringen und versenkt Flitzer nach fünf Metern im Sand. Nach einer ausgedehnten Budelaktion fahren wir weiter nach Dar es Salam. Unterwegs streikt der Motor und auf der Fehlersuche entdeckt Guido eine tote Ratte im Motorraum. Sie ist völlig ausgetrocknet und bestimmt nicht erst gestern dort verstorben. Es ist kein Fehler zu finden und plötzlich springt der Motor auch wieder an, da muss wohl die Ratte Schuld gewesen sein.

Wir kommen in der Nacht in Dar es Salaam ( Hafen des Friedens ) an. In der Stadt gibt es viele historische Gebäude und einen großen Überseehafen, man sieht ihr die afrikanischen, arabischen, indischen und europäischen Einflüsse an. Wir kehren in einem der vielen indischen Restaurants ein. In Tansania leben sehr viele Inder teils schon in vierter Generation. Viele von ihnen kamen als Arbeiter für den Eisenbahnbau in der Kolonialzeit nach Tansania. Sie haben sich nicht wirklich assimiliert und leben nach ihren eigenen Traditionen und religiösen Regeln. Vieles was heute hier mit Business zu tun hat, befindet sich in indischer Hand.


Die Räume des tansanischen Nationalmuseums bieten einen bedauernswerten Anblick. Die ausgestellten Tiere sehen, wie nach langem Kampf, zerfledert aus oder es fehlt das ein oder andere Körperteil. Ein verwesender Fisch wird zur Schau gestellt und verleiht dem Raum eine pikante Note. Die konservierende Flüssigkeit seines Aquariums ist nur noch zur Hälfte vorhanden. Dies kann man sich mit den wahrscheinlich nicht üppigen finanziellen Mitteln erklären aber warum die Geschichte Tansanias im Jahre 1962 im Sozialismus endet bleibt fraglich. Die Kolonialzeit wird sehr positiv dargestellt und der Widerstand einiger Stämme gegen die Kolonialisierung wird als zynisch bezeichnet. Auch erfährt man sehr wenig über die vorkolonialen Kulturen. Bleibt anzumerken, dass die Idee eines Museums keine afrikanische ist und aus dieser Zeit eher nur mündliche Überlieferungen existieren.

Als wir mit der neu eingekauften Fähre deutscher Produktion den Hafen überqueren, lässt sich beim Anlegen die Frontklappe nicht öffnen. Die Fähre wendet kurzerhand und legt rückwärts an. Nun heißt es, rückwärts von der Fähre zufahren und irgendwie zuwenden. Das ergibt in der Enge ein aufführungswürdiges Fahrzeugballet. Olli muss leider schon wieder nach Hause und fleißig sein. Wir winken alle seinem Flieger hinterher.


Dodoma heißt die tansanische Hauptstadt. Äußerlich ist ihr das kaum anzusehen. Das Örtchen wirkt ziemlich provinziell. Die größte Stadt und das wirtschaftliche Zentrum ist ohne Frage Dar es Salam, aber der Regierungssitz ist im Landesinnern. In der Region fällt wenig Regen und durch die höhere Lage herrscht ein kühleres Klima als an der Küste. Zudem weht ein erfrischender Wind in der bergigen Region.

Hier werden wir von Nwimbe gastfreundlich aufgenommen. Sie ist eine deutschstämmige Tansanierin und arbeitet in einem Krankenhaus. Zudem gehört ihr eine in der Nähe gelegene Wasserabfüllanlage und sie managet eine Weinerei. Auf jeder abgefüllten Flasche kann der Konsument PR-wirksam lesen, dass mit dem Kauf dieser Flasche ein Aidsprojekt gefördert wird. Ihr Haus befindet sich außerhalb der Stadt in einem bewachten Wohnkomplex, der umzäunt ist. Alle Fenster sind vergittert und die Terrasse erinnert an einen Käfig im Zoo. Was wie eine sterile, langweile Wohlstandsinsel erscheint, ist die Erfüllung eines ihrer Träume. Klimaanlage, Kühlschrank, Fernsehen und Personal gehören zum Standart. Ihre Familie wird umsorgt von einer schwarzen Familie, die sie als ihr Fußballteam bezeichnet. Die Mutter ihres Kindermädchens war schon ihr Kindermädchen. Am Tisch muss sie nur einmal in die Hände klatschen und schon kommt jemand angesprungen um sie zu bedienen. Neben zahlreichen Telefonaten berichtet sie uns von ihrem Leid mit den Schwarzen, die in der Region von Dodoma besonders faul seinen.

Am nächsten Tag erhalten wir die Möglichkeit die Weinerei zu besichtigen.
Dem italienischen Eigentümer waren die Kosten in Italien zu hoch, so dass er italienische Weinreben nach Tansania gebracht hat und nun im Gebiet um Dodoma produzieren lässt. In der Anlage sollen die Produktionskapazitäten erweitern werden. Jedoch vermisst er offensichtlich die europäische Arbeitsmotivation, so dass die Angestellten unwissentlich mit versteckten Kameras überwacht werden. Die Managerin glaubt, dass die „faulen“ Angestellten sich beim Wein bedienen und hat unter den Arbeitern Spione engagiert, welche besser bezahlt werden. Bei unseren Besuch der Weinerei, motiviert sie ihre Arbeiter die Anlage von Grund auf zu reinigen. Uns erzählt sie dabei unbekümmert von ihrem Problemen neues, besseres Personal anzuwerben um 96 Prozent ihrer Beschäftigten im nächsten Monat entlassen zu können. Die ca. 25 Angestellten wissen von diesen Plänen noch nichts. Trotzdem stellt sie die Weinanlage als eine Art Hilfestellung oder zu mindestens sozialen Beitrag für die strukturschwache Region dar. Erstaunlich wie knallhart gewinnorientiertes Handeln noch als sozialer Akt dargestellt werden kann. Sie selber ist davon überzeugt und sieht dies in keiner Weise widersprüchlich.

Ihre Mutter hat sich in der tansanischen Politik einen Namen gemacht und ein gutes Händchen karikative Projekte aufzubauen und dafür Entwicklungshilfe abzufassen und Volontäre anzuwerben. Diese zahlen zudem oftmals für ihre wohltätige Arbeit vor Ort.
Bei den wöchentlich stattfinden Führungen und angeschlossenen Weinverkostungen sollen oft Diplomaten und IWF-Angestellte anzutreffen sein. Zu der etwas drögen Führung kommen an diesem Sonntag australische Volontäre und ein paar Südafrikaner. Einer von ihnen wird mit steigendem Alkoholpegel so nervig, dass wir von einem Besuch der eigentlichen Verkostung absehen uns verabschieden und weiterfahren.

Spät abends parken wir in der Nähe eines Schotterhaufen um dort zu campen. Dieser ist wie wir noch feststellen werden von großer Bedeutung für den Straßenbau und in der Nähe eines bewachten Maschinenparks. Des Nachts umstellen uns mehrer Männer mit Gewehren in der Annahme gemeine Schottersteindiebe gestellt zu haben. Glückerweise können wir diesen Vorwurf entkräften. Eine Einladung dieser fragwürdigen Gestalten in ihr angeblich sicheres Camp, lehnen wir mit einer gewissen Portion Mistrauen ab und ziehen einen Campingplatzwechsel vor. Am folgenden Morgen findet uns der Straßenbauchef an einem anderen Schotterhaufen mit seinem bewaffneten Anhang. Nach einigen Diskussionen können wir ihn davon überzeugen, dass wir keinerlei Interesse an seinen Steinchen haben. Außerdem hat er in der DDR studiert und fängt an in Erinnerungen an seine guten, alten Studententage zu schwelgen.

Die Weiterfahrt wird nach kurzer Zeit unterbrochen. Ein Polizist sperrt die Strasse ab und alle Fahrzeuge müssen anhalten. Ein LKW ist auf der Fahrbahn umgekippt und blockiert die gesamte Fahrbahn. Auf seiner Plane ist in großen Buchstaben: „IN GOD WE TRUST“ zu lesen. Der technische Zustand dieser Fahrzeuge ist oft nicht der Beste, die Fahrer sind oft übermüdet und die Ladekapazitäten werden meist mehr als ausgereizt, so dass es häufig zu Unfällen kommt. Oft folgen Plünderungen der Ladung durch die Bevölkerung, die an der Strasse wohnt. Gerade sind in Kenia 200 Leute bei so einer Aktion umgekommen. Ein Tanklaster ist umgekippt und die Leute wollten das Benzin mit Eimern abfüllen. Bis sich einer Plünderer eine Zigarette ansteckte. Im Vergleich geht es diesmal in geordneten Bahnen zu. Ein Kran ist bereits vor Ort und probiert den Laster wieder aufzurichten, die Ladung wird auf einen anderen Truck verladen.


Nach 170 Kilometer langer Fahrt westwärts erreichen wir unser Ziel Itigi. Während der deutschen Kolonialzeit wurde hier die Eisenbahnverbindung gebaut die Dar Es Salam mit dem Tanganjikasee verbindet. Davon zeugt das alte Bahnhofsgebäude Itigis.


In den 1980igern wurde hier eine italienisch-katholische Mission mit einem angeschlossenen Krankenhaus errichtet, die zur Vergrößerung der Ortschaft beitrug. Ausschlaggebend für den Besuch dieser entlegenen Siedlung ist eine Einladung des Hospitalityclub-Mitglieds Danielo, der in der Mission ein agronomisches Projekt durchführt. Auf diese Weise kommen wir in der ummauerten Enklave in den Genuss eines kostenfreien Luxus mit Catering, Unterkunft, Wäschereiservice und schnellen Internet, mit dem wir unseren mit Viren infizieren Rechner auf Vordermann bringen.
Unsere eher atheistischen Klubkollegen freuen sich über die Abwechselung und wir genießen die Rundumversorung. Danielo und sein Kollege Mariano sollen auf dem recht unfruchtbaren Sandboden ein Bewässerungssystem konzipieren und die missionseigene, landwirtschaftliche Produktion verbessern. Unser Aufenthalt wird durch abendliche Volleyballspiele mit anschließenden Kneipenbesuchen abgerundet.

In Itigi wohnt ebenfalls David. Er ist von den amerikanischen Peace Cores und lehrt hier für ein Jahr an einer öffentlichen Schule Englisch in der Sekundarstufe. Dafür stellt ihm die Schule eine Unterkunft auf dem Schulgelände zur Verfügung. Dort möchte er einen kleinen Garten bewirtschaften. Zurzeit hofft er auf Regen. Ein alter Dorfbewohner bot ihm gegen ein gewisses Entgelt an, einen Zaun zu bauen, damit die umherlaufenden Hühner seine Saat nicht verspeisen. Nach einer Vorausbezahlung sollte alles in einer konstatierten Aktion am Folgetag in Angriff genommen werden. Nach ein paar Tagen kreuzte dann der alte Mann wieder auf und erklärte, dass er mehr Zeit und noch mehr Geld brauche. Davids Beschwerden über afrikanische Zuverlässigkeit und Arbeitsmentalität stoßen bei seinen Arbeitskollegen auf Unverständnis, „da er doch gekommen sei.“ Seiner Einladung seine Klasse zu besuchen, folgen wir gern. Unsere Ankunft vor der grölenden Klasse erinnert an einen Starauftritt im Fernsehen vor Gruppies. David meistert die Situation wie ein renommierter Showmaster, kann aber weder die Stimmung senken noch seinem Lehrplan folgen. Dies erscheint uns angesichts einer Klassenfrequenz von knapp 100 Schülern eh ein schwieriges Unterfangen. Viele Schüler müssen sich die Stühle teilen oder haben keinen. Dies stellt in Tansania keine Ausnahme dar. Teilweise müssen die Lehrer vor bis zu 200 Jugendlichen unterrichten. Die Anwendung von Gewalt gegen missliebige Schülern ist unter seinen Kollegen eine gängige Methode.

Allgemein ist es für viele tansanische Familien speziell im ländlichen Raum schwierig, ihren Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen. Durch die vom IWF geforderten Strukturanpassungsmaßnahmen, wurde Anfang der neunziger Jahre der kostenfreie Zugang zur Schulbildung abgeschafft. Nach der Einführung von Schulgebühren sank die Schulbesuchquote von einer der höchsten in Afrika auf 57 Prozent. Mit dem Streichen der Auslandsschulden wurde 2001 dies zumindest für Grundschulen wieder revidiert. Trotzdem stellt alleine der Kauf der vorgeschrieben Uniform und anderer benötigter Materialien oft ein schwer zu lösendes finanzielles Problem dar.
Ein anderen Einblick in das heimische Bildungssystem erhalten wir im südlich gelegen Njome, wo wir Hanna besuchen. Sie gibt für ein Jahr Unterricht in Englisch und Mathematik an einem kostenpflichtigen Internat. Beim Besuch der Schule wird gerade der neue Jahrgang initiiert. Die Schüler sind in Zweierreihen angetreten und lauschen einer Rede des Direktors. Die Schule befindet sich momentan noch im Aufbau und dies ist erst der zweite Jahrgang. Die Häuser dafür sind erst kürzlich fertig gestellt worden und die Einrichtung eines Chemielabors und einer Bibliothek sind geplant.

Jedoch kann die Prioritätensetzung des Direktors bei der Budgetverteilung als fragwürdig betrachtet werden. Statt in den recht neu gebauten Klassenzimmer die bereits kaputten Fenster zu ersetzen, investierte er beispielsweise in eine Konzertanlage und einen Fernseher, der aufgrund fehlender Stromversorgung nur mit Generator betrieben werden muss. Die Vergabe von Stipendien sorgte ebenfalls zu Unstimmigkeiten, weil der Direktor seine Verwandten bevorzugte, statt nach geistigen Fähigkeiten zu entscheiden. Nachdem aufgrund einer Empfehlung Hannas nicht der Direktor sondern ein anderer Lehrer für ein Austauschprogramm nach Deutschland ausgewählt worden war, kann die kollegiale Zusammenarbeit in der Schule als gespannt bezeichnet werden.

Meinungsverschiedenheiten werden auch hier selten nach dem Konsensprinzip aus der Welt geschaffen und können zu Überreaktionen führen. Dies wurde in Njome im Umgang mit der indischen Minderheit demonstriert. So gab es einige Jahre zuvor mit der indischen community, die überall in Tansania ansonsten regen Handel treibt und viele Geschäfte hat, einen Konflikt. In Folge schlossen die Inder ihre Läden und verließen die Stadt. Dies geschah sicherlich nicht freiwillig. Versuche, weitere Einzelheiten zu erfahren, blieben erfolglos.


Ein anderer Emigrant sucht ebenfalls Unterschlupf in unserem Auto, um den regenreichen Ort zu verlassen. Es ist der zweite blinde Passagier auf unserer Reise. Wir taufen ihn Mausi. Es handelt sich um eine kleine Maus oder Ratte, die besonders nachtaktiv ist und eine besondere Affinität zu den Gummiteilen des Autos entwickelt. Es entsteht eine Hassliebe zwischen uns, die länger hält als uns lieb ist.

In Kalenga in der Nähe von Iringa ist ein Relikt deutscher Kolonialgeschichte zu besichtigen. Das kleine Mkwawa-Museum stellt neben anderen Artefakten einen Schädel aus. Nikolas Kulanga, ein engagierter Hehe, zeigt uns die Munition, mit der die Wahehe-Festung beschossen wurde. Man kann verschiedene Speere, Schilder und Gewehre zur Hand nehmen. Es ist erlaubt auf den Thron des ehemaligen Sultans Platz zu nehmen. An den Wänden hängen neben einem Fußballkalender verschiedene kopierte Bilder und andere Informationsmaterialien, die einen historischen Überblick ermöglichen sollen.

Bei dem ausgestellten Schädel soll es sich um den Kopf des Sultans Mkwawa des Wahehe-Volkes handeln. Die Wahehe gerieten Ende des 19. Jahrhunderts in Konflikt mit der deutschen Kolonialmacht und leisteten sieben Jahre Widerstand. In einen Guerillakrieg bereiteten sie den deutschen Kolonialtruppen empfindliche Niederlagen. Mkwawa wurde zum “Reichsfeind“ erklärt und es wurde ein Kopfgeld von 5000 Rupie auf ihn ausgesetzt. Im Jahr 1898 begann er Selbstmord, um seiner lebendigen Festnahme zuvorzukommen. Seiner Leiche wurde der Kopf abgetrennt und die “Siegestrophäe“ nach Deutschland verschifft. Nachdem 1918 das Deutsche Reich den 1. Weltkrieg und damit alle seine Kolonien verlor, wurde auf Betreiben der Wahehe im Versailler Vertrag festgehalten, dass der Schädel Mkwawas binnen sechs Monaten zurückzuerstatten sei. Erst 1954 wurde den Nachkommen Mkwawas nach langem hin und her ein Schädel überreicht. Zwar steht im Museum die Frage ob es wirklich Mkwawas Haupt ist, nicht zu Disposition, jedoch gilt dies als zweifelhaft.


Nach diesem informativen Intermezzo in die deutsche Kolonialgeschichte winkt Sandstrand und die Hoffnung auf ein paar entspannte Tage am Malawisee. Auf einem schönen Strandstück bei Matema versucht Thomas einen Campingplatz aufzubauen. Bei unseren Besuch stand noch nicht allzu viel, jedoch ist der nette Platz auf alle Fälle empfehlenswert und unter www.crazy-crocodile.com in Internet zu finden. Der Name ist Programm. In einem kleinen Gehege sind die Reptilien zu beobachten. Das Erste hatte jedoch vor unserer Ankunft die Flucht ergriffen, das Zweite hat sich an einen Halsband unter Wasser verhakt und ist ertrunken. Das Dritte wiederum wurde vom Vierten verspeist und dieses hat Gesellschaft von einem Fünften bekommen, mit dem es sich bis zu unserer Abreise gut vertragen hat. Insgesamt haben wir hier eine gute Zeit, baden, machen eine Klettertour zum nahe gelegenen Wasserfall, relaxen und helfen Thomas etwas beim Aufbau. Nur der Gärtner kommentiert unseren Aufenthalt auf afrikanische Weise. Er bekundet gegenüber unserem Gastgeber sein Mitleid darüber, dass er nun Gäste habe und das würde ja Arbeit bedeuten.