15. Oktober 2010

Burkina Faso

Die Regenzeit ist vorüber und wir trauern ihr schon nach. Von einen Tag auf den anderen verschwanden die Wolken und machten der nun unerbärmlich strahlenden Sonne Platz. Wir hatten schon fast vergessen wie drückend, allgegenwärtig sich diese Hitze anfühlt, momentan stöhnen selbst die Einheimischen. Wir hoffen erwartungsvoll auf Aklimation.

rhythmische Zubereitung von Tho aus Maniok

Die Ruinen von Loropeni zählen als einzige Sehenswürdigkeit in Burkina Faso zum Weltkulturerbe der UNESCO. Man könnte meinen diese historische Attraktion des Landes würde viele Interessierte anlocken und es gäbe demzufolge eine touristische Infrastruktur. Nicht so hier, Loropeni ist ein verschlafenes Dorf mit einigen Geschäften entlang der Hauptstrasse und nur ein von den Zeiten gezeichnetes Schild am Straßenrand weist auf die im Dschungel liegenden Zeugnisse des transsaharischen Goldhandels hin. Allerdings gibt es ein kleines Wärterhäuschen am Rande des Weges, welcher in den Dschungel führt. Alex ein Mitarbeiter der staatlichen Tourismusbehörde begrüßt uns freudig und bietet an, uns durch die Ruinen zu führen. Dies nehmen wir gern an. Auf einem Gebiet von gut zehn Hektar stehen bis zu zehn Meter hohe imposante Steinmauern. Die mindestens 1000 Jahre alten Reste einer alten Festung, welche im Laufe der Zeiten anscheinend mehrfach verlassen wurde. Mittlerweile hat sich die Natur einen Großteil des Terrains zurückerobert. Wurzeln und Bäume wachsen quer durch die Mauern über diese hinaus und haben diese arg in Mitleidenschaft gezogen. Ins warme Licht der Abendsonne getaucht ergibt dies eine eindrucksvolle optische Symbiose. Da erst ein kleiner Teil ausgegraben wurde, liegen noch viele Geheimnisse dieses Ortes im Dunkeln.

Anders als in den afrikanischen Ländern die zuvor auf unserem Weg lagen, ist hier das Fahrrad Fortbewegungsmittel Nummer Eins und es sind nur wenige Autos auf den Straßen unterwegs. Auch für uns als Autofahrer sehr angenehm. Demzufolge gibt es an jeder zweiten Ecke ne Art Fahrradwerkstatt und Autowerkstätten sind eher eine Seltenheit. Nur braucht unser Bus dringend eine Generalüberholung. Beide hinteren Federn sind gebrochen, Tank, Kühler und Ölwanne sind undicht und die Betätigung von Lenkung und Bremsen bedarf einer gewissen Einfühlung und Erfahrung. Außerdem löst sich die Karosserie langsam in ihre Bestandteile auf und einige Schweißarbeiten sind dringend notwendig. Ne schöne Liste. Wir halten in einer Kleinstadt und machen uns zusammen mit Ali und seiner Schweißercrew an die Arbeit. Ersatzteile sind nicht zu bekommen und so wird ordentlich improvisiert und angepasst. Mit anderen Worten unser Bus wird afrikanisiert und kommt den anderen Vehikeln auf den Strassen ein Stück weit näher. Nach drei Tagen schwarzer Hände funktioniert alles wieder irgendwie und die geplanten Ausgaben haben sich verdoppelt. Dies ist hier allerdings eher normal. Flitzer erstrahlt stolz in neuem, innerem Glanze worauf uns Ali zum Abschied eine einjährige Garantie gibt, wohlwissentlich, dass wir weiter nach Mali fahren wollen und wohl so schnell dieselbe nicht in Anspruch nehmen werden.


Nachdem das erledigt ist leihen wir uns Fahrräder aus und erkunden die reizvolle Gegend landesgemäß. Es gibt einige Wasserfälle, pittoreske Sandsteinformationen und einen von Nilpferden bevölkerten See zu sehen. Den Dickhäutern ist die pralle Sonne allerdings zu heiß und sie lassen sich nicht blicken. Der Weg zu einem der Wasserfälle ist nicht einfach zu finden, unwegsam und wir müssen einige Bäche durchqueren. Am Wasserfall angekommen verdunkelt sich plötzlich der Himmel, es fängt an zu Stürmen und die Gegend wandelt sich zu einem einzigen Wasserfall. Wir genießen das Naturschauspiel bei einer Partie Schach im Schutze eines kleinen Unterstands. Als sich der Regen legt wird es nicht heller und wir bemerken, dass die Dämmerung eingesetzt hat. Wir machen uns schleunigst auf den Rückweg. Es dürfte problematisch werden bei Dunkelheit den richtigen Weg zu finden und diese kommt schnell. Zu allem Überfluss ist einer der trägen Bäche vom Hinweg zu einem sehr lebhaften Fluss angeschwollen. Mit einiger Mühe durchqueren wir diesen und finden unter glücklich, leitender Hilfe des Vollmondes irgendwie den Rückweg zu unseren Fahrrädern. Nur sind diese nicht mehr da. Wir mussten für die Besichtigung des Wasserfalls einen kleinen Obolus entrichten. Im Preis inbegriffen das Versprechen des Wärters auf unsere Fahrräder aufzupassen. Auch der Wärter ist verschwunden. Er hat wohl nicht mehr mit unserer nächtlichen Rückkehr gerechnet und Feierabend gemacht was völlig verständlich ist. Allerdings nimmt er sein Versprechen sehr ernst und auch in dieser völligen Einsamkeit geht Sicherheit für ihn vor, woraufhin er unsere Fahrräder in seinem Häuschen eingeschlossen hat. Dies erfahren wir durch einen Zettel mit seiner Telefonnummer und dem Hinweis wir sollten ihn anrufen. Nur haben wir zwar ein Schachspiel aber kein Telefon dabei. So liegt noch eine 15 Kilometer Nachtwanderung vor uns. Bei Mondschein unter Sternenhimmel eher reizvoll als ärgerlich. Nach einigen Kilometern kommen wir durch ein in nächtliche Ruhe versunkenes Dorf. Hinter einer Mauer flackert ein Lichtschein. Als wir auf den Hof kommen werden wir von einigen um ein Feuer sitzenden Frauen sogleich eingeladen, mit ihnen zu essen. Wir fragen nach einer Möglichkeit zu telefonieren und nach einigen Rufen kommt ein ziemlich verschlafen dreinschauender Mann mit einem Funktelefon aus einem der umliegenden Häuser. Wir wählen die Nummer nur ist unser Fahrradsicherheitsverwahrer nicht mehr zu erreichen. Der Mann möchte uns für einige France mit seinem Moped in die Stadt fahren, was unsere Wanderung etwas abkürzt. Die Fahrräder holen wir am nächsten Tag ab.




Wir verbringen einige Tage im Busch. Taklo wohnt mit seiner Familie elf Büsche entfernt und ist froh über jede Abwechslung in dieser Einsamkeit. Er zeigt uns seine Felder, Affenfallen… Er ist Animist eine kleine strohgedeckte Rundhütte, gefühlt mit Federn, Knochen, einer Lanze, Puppen und allerlei anderen Gegenständen ist sein Schrein. Hier betet er zweimal täglich und bringt seinem Gott zu besonderen Anlässen Tieropfer dar. Hier bauen wir zum letzten Mal unser Kino auf. Wie nicht anders zu erwarten, weniger Zuschauer hatten wir noch nie. Zu viert schauen wir uns zwei Filme an, ein schöner Ausklang…



Bobo Dioulasso ist die zweitgrößte Stadt des Landes mit dem Charme einer gemütlichen Kleinstadt. Momentan werden allerdings zeitgleich gefühlt die Hälfte aller befestigten Straßen erneuert. Überall Baustellen, Absperrungen, Umleitungen und staunend begutachtende Menschenaufläufe dort wo ein neuer Asphaltteppich ausgebreitet wird.

Bobos Moschee

Wir wohnen bei Adama einem sympathischen Rastamann vor seinem Kulturverein, direkt an der Zuglinie, auf einer noch asphaltlosen, sehr breiten Straße in unserem Bus. Auf der Straße bewegt sich ein mannigfaltiger Strom von Transportmöglichkeiten an uns vorüber, Schaf- und Kuhherden, Frauen die erstaunliche Aufbauten auf ihren Köpfen tragen, von Hand, Esel oder Kuh gezogene Karren, gnadenlos überladene Fahrräder und Mopeds, Autos jeglicher Couleur und endlose Güterzüge im Schritttempo. Im Kulturverein gibt es ein kleines Tonstudio und Räumlichkeiten für kleinere Konzerte. Man trifft auf ne Menge netter Leute die hier herkommen, um Musik zu machen oder einfach nur Dame zu spielen. Erstaunlich und angenehm, hier wird nur Tee konsumiert und jegliches rauchen ist verboten. War Marihuana nicht fester Bestandteil der Rastafari? Es läuft tagein tagaus Reggae und wir müssen aufpassen, dass uns diese Entspannungsmusik nicht unseren letzten Nerv raubt und wir ganz und gar unentspannt werden.






Der Plan hier unser rollendes Eigenheim zu verkaufen und auf kleinen Mopeds weiterzureisen könnte aufgehen. Zumindest bürokratisch scheint dies, möglich zu sein. Es fehlt also nur noch ein geneigter Käufer. Diesen zu finden ist nicht einfach. Es kommen nur Geschäftsleute in Frage, da sich hier privat fast niemand einen Minibus leisten kann. Adamas Freunde helfen uns dabei. Täglich kommen Interessenten vorbei lassen sich den Bus zeigen, hören sich den wunderbar, klingenden Motor an, um am Ende zu sagen, sie würden sich später wieder melden. Dieses „später“ ist ein dehnbarer Zeitraum und so verbringen wir viel Zeit mit warten. Nebenbei klappern wir die wenigen Autohändler und -verwerter dieser Stadt ab und lernen einige skurrile Persönlichkeiten kennen. Trotz unseres konkurrenzlos preiswerten Angebots kommt es nur einmal zu ernsthafteren Verhandlungen. Ein Kuhhändler ist tatsächlich interessiert und hat, wie er blicken lässt, auch gleich Geld mitgebracht. Die Verhandlungen erinnern an das Spiel „Stille Post“. Der Kuhhändler und sein Kompanion sprechen ausschließlich Jula, dies wird von Samba ins Französische und dann von Aisha ins Englische übersetzt, wir tauschen uns in Deutsch aus, um dann unsere Antwort auf die Reise zurück zum Kuhhändler in seine traditionelle Sprache zu schicken. Er ist Analphabet und wir sind gespannt, ob es ein Kreuz auf den Kaufvertrag gibt. Dazu kommt es leider vorerst nicht, da wir uns nicht auf einen Preis einigen können.



Zumindest verkaufen wir unser liebgewonnenes Kinoequipment in diesen Tagen, schluchz... Aischa eine Kanadierin, die seit acht Monaten durch Afrika wandert und hitchhiked hilft uns dabei mit ihren Übersetzungskünsten. Lustig zu beobachten, die moslemischen Käufer sind anfangs sichtlich irritiert mit einer Frau feilschen zu müssen. Aischa hat ihren Spaß dabei und die Kaufwilligen merken bald, dass sie mit ihr kein leichtes Spiel haben.

öffentliche Toilette

Am Wochenende entfliehen wir diesem täglichen Trott und campen an einem einsamen Wasserfall. Leider bekommt Aisha hier Malaria und kann die herrliche Natur nicht wirklich genießen. Medikamente haben wir dabei und so pflegen wir sie gentlemanlike gesund. Nach einer weiteren Woche erfolgloser Bemühungen der Käufersuche entschließen wir uns Denselbigen in Mali zu finden und brechen in Richtung Grenze auf.