10. November 2008

DR Kongo (Goma)

Der Versuch, die Grenze in die “Demokratische Republik Kongo (DRK)“ zu übertreten, stellt sich als Zeitintensiver als erhofft heraus. Erst erleichtert uns der “Vorposten“ am Schlagbaum unserer Pässe und dann werden wir direkt in die Visaabteilung geleitet. Hier kommen wir mit den für Visaangelegenheiten verantwortlichen Uniformierten ins Gespräch. Eine attraktiv aussehende Beamtin erzählt uns von ihren Kopfschmerzen und “familiären“ Problemen. Ein Visa können wir gerade nicht bekommen, da das entsprechende Formular fehle. Das bedeutet erstmal Warten. Ihr Vorgesetzter weist uns eindringlich darauf hin, dass Fotografieren der Grenze strengstens verboten sei. Fragen bezüglich der Sicherheitslage in Goma werden kategorisch und knapp mit „no problem“ beantwortet. In einem monotonen Ton vernehmen wir dann doch noch: „Der Besuch von Goma und Nyiragongo,“ ein aktiver Vulkan „ist sicherheitstechnisch unbedenklich“, so als ob der etwas dickliche Beamte dies schon tausend mal vorher gesagt hätte.

Die Frage ist aber nicht völlig aus der Luft gegriffen, denn die politische Lage im krisengeschüttelten Kongo ist gerade hier im Osten des Landes äußerst instabil. So meinen auch die Grenzer auf der ruandischen Seite, dass zur Zeit Sicherheitswarnstufe vier sei. Insgesamt gibt es fünf Stufen und die fünfte gilt als besonders unsicher. Obwohl im Januar 2008 in Goma ein Waffenstillstandsabkommen zwischen den Rebellengruppen von Laurent Nkukunda mit der Regierung unterzeichnet wurde, hat das Blutvergießen kein Ende genommen. Die Ausbeutung der reichlich vorhandenen Bodenschätze wie beispielsweise Diamanten, Gold, Öl und insbesondere Coltan stellt eine lukrative Finanzierungsmöglichkeit verschiedener bewaffneter Gruppen dar. Neben versprengten Rebellengruppen kommen auch unbezahlte Regierungstruppen als Unsicherheitsfaktor hinzu. Die Soldaten überfallen oft Dörfer, nur um sich selbst zu verpflegen. Gemäß dem amerikanischen Time Magazins vom Mai 2006 wurden mindestens 3,2 Millionen US-Dollar des Acht-Millionen-Monats-Budget der kongolesischen Streitkräfte gestohlen und nicht als Sold ausgezahlt. Den Staatsausgaben für Bildung und Gesundheit könnte dies nicht passieren. Ihr Anteil beträgt nicht mehr als Null Prozent.

Nun öffnet sich wieder die Tür des Immigrationspostens. Die Formularvordrucke haben sich angefunden und gegen 35 Dollar erhalten wir unseren Kongostempel in den Pass gedrückt, so dass wir die Grenze passieren können. Auffällig ist die hohe Präsenz der verschiedensten Nichtregierungsorganisationen in den wohlhabenden Vierteln unten am Kivu-See und die hohe Präsenz der UN. Etwa 16-17000 Blauhelme und Blauturbane, der Sikk-Kollegen aus dem indischen Subkontinent, sind im Kongo stationiert, doch auch ihr Dasein erscheint fragwürdig. Medienberichte, wonach sich die UN-Soldaten am Diamantenschmuggel beteiligen und die verschiedenen Konfliktparteien mit Waffen beliefern, lassen die UN-Friedensmission in einem schlechten Licht dar stehen.

Auffallend in Goma ist, dass man fast überall auf Lava läuft. Der 14 km nördlich liegende Vulkan Nyiragongo brach im Jahre 2002 aus und zerstörte einen großen Teil Gomas. Die Holzhäuser verbrannten völlig und Steinhäuser wurden unter einer meterhohen Lavaschicht begraben. Zwar wurde ein Großteil der Stadt in den letzten sechs Jahren wieder aufgeräumt und neu gebaut, doch sieht man noch Reste der Zerstörung. Ehemalige Dachgiebel schauen aus der abgekühlten Lavaschicht heraus und in der Geschäftsstraße sieht man an einigen alten Häusern, dass die Straße früher mal drei bis vier Meter tiefer gelegen war. Die nördlichen Stadtteile sind vollständig neu auf der Lavaschicht gebaut. Hier läuft man buchstäblich auf losem Lavageröll. Auf der Hauptstraße ist es schon ein bisschen platt gewalzt, so dass man einfach gehen kann. In den Nebenstraßen ist das Vorwärtskommen schwerfälliger. Auf losen Gesteinsbrocken sackt man leicht ein, so etwa wie im losen Sand am Strand. Ständig gibt der Boden nach. Autoverkehr gibt es hier so gut wie keinen. Das scharfkantige Gestein würde die Reifen recht intensiv angehen und so ihre Lebensdauer drastisch reduzieren. In diesem Viertel sind viele Häuser, verschiedene Mauern und Verkaufsstände aus dem schwarzen Gestein errichtet.

Nachdem wir eine gute Weile in den neu gebauten Stadtteil herum schlendern, wollen wir dem frequentierten Flughafen ein Besuch abstatten. Ein Lehrer, den wir nach dem Weg fragen, begleitet uns. Ein Schleichweg führt über ein Loch im Stacheldraht zu einem Zelt der Armee. Hier werden wir nett begrüßt und erhalten gleich eine kleine Einführung in die Mentalität der kongolesischen Regierungstruppen. Wenn wir weiter wollen, sollen wir zahlen und auch sonst würden sie gerne Geld haben. In Anbetracht dessen entscheiden wir uns, den Flughafen nicht zu besuchen und das ansonsten recht nette Gespräch schnell abzubrechen, um umzukehren.


Auf dem städtischen Markt werden viele gebrauchte Textilien westlicher Herkunft angeboten. Diese stammen wohl aus Kleidersammlungen. Einheimische Textilprodukte werden dagegen nicht angeboten. Die Suche nach einer Tasse Tee endet erfolglos, so dass wir in einer Kneipe mit wirklich gekühlten Bier in authentischer Atmosphäre Vorlieb nehmen. Eine Nachfrage im Hotel nebenan nach den Zimmerpreisen wird mit zehn Dollar für einen Raum mit Doppelbett beantwortet. Eine uns augenscheinlich musternde Frau an der Rezeption erklärt uns, dass wir für eine Übernachtung jeder ein eigenes Zimmer anmieten müssten. Ob sie ihre Preiskalkulation lediglich Gewinn maximierend ausrichtet, ist relativ egal. Wir sind mittlerweile gut erschöpft, so dass wir wieder auf die nahe gelegene ruandische Seite zurückkehren.

Der Grenzübergang liegt direkt am Kivusee. Ernest Hemingway schrieb 1954, dass der Kivusee einer der schönsten, die er „je gesehen habe [ist]. Es ist unmöglich, Seen zu vergleichen, Punkt für Punkt, aber mit seinen Inseln, der zerklüfteten Umgebung und der Färbung des Wassers ist er bestimmt so schön wie der Lago Maggiore oder der Gardasee. Auf alle Fälle ist er viel schöner als der Comer See, und man kann sich darauf verlassen, dass nicht so viele Leichen darin herumschwimmen, wenigstens keine menschlichen.“ Olli muss da andere Erfahrungen machen. Gerade als er die Grenze passiert, bildet sich am Ufer eine Menschentraube. Sie beobachten wie zwei Schwimmer einen Toten aus dem Wasser ziehen. Dieser ist wohl beim Versuch, die Grenze ohne Papiere zu überqueren, ertrunken.

Ruanda

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Nach einer Nacht im Grenzort Ugandas überlegen wir, wie wir die bei der anstehenden Wiedereinreise nach Uganda anfallende Visagebühr umgehen können. Da unser ungandisches „singel entry“ Visa ohne Abstemplung für den Rückweg durch Uganda noch gültig wäre, müssten wir nur in Ruanda ohne Stempel ein- und ausreisen. Doch der Plan, zwei Pässe auf ugandischer Seite nicht abstempeln zu lassen, schlägt fehl. Anfangs scheint alles wunderbar zu klappen, Olli und Hetai kommen ungesehen und ohne Ausreisestempel nach Ruanda. Nur Guido kann sich mit Flitzer schlecht über die Grenze mogeln. Als er offiziell nach Ruanda ausreisen möchte, lässt ihn der ugandische Grenzbeamte nicht passieren, da es sich schon bis zu ihm herumgesprochen hat, dass drei Weiße in dem Bus unterwegs sind. Guido versucht ihm beizubringen, dass er die anderen Beiden nur per Anhalter mitgenommen habe, sie nicht kennen würde und im Übrigen nicht wüsste wo die Beiden gerade sind. Dies stößt bei dem Grenzbeamten auf wenig Glauben und er verlangt ziemlich gereizt von Guido, die Beiden zu suchen, schnell zu finden und mit ihnen bei ihm aufzukreuzen. Mit der äußerst glaubwürdigen Ausrede, sie waren nur eben in Ruanda, um sich über die Wechselkurse zu informieren, stehen wir kurze Zeit später zu Dritt in seinem Büro. Anscheinend ist er mit dem richtigen Bein aufgestanden und lässt uns, aber nicht ohne böse Miene und Stempel passieren.


Erste Kontakte zur Landbevölkerung werden gleich beim Anhalten zum Essen in einem ruandischen Restaurant geknüpft. Kaum angehalten, ist der Bus sekundenschnell von Leuten umringt. Da wir bereits Geld gewechselt haben, verlieren die lauthals schreienden Geldwechsler schnell ihr Interesse. Ruanda ist, wie der Wirt erklärt, belgische Kolonie gewesen und deshalb frankophon. Das Ruanda zuvor deutsche Kolonie gewesen ist, scheint ihm neu zu sein. Als internationalen Superlativ kann das Land damit trumpfen, das am dichtesten besiedelte der Welt zu sein. Bis auf den nun wieder vorherrschenden Rechtsverkehr sind aufs erste kaum Unterschiede zu Uganda festzustellen. Auf befestigter Straße geht’s erstmal nach Giseni, ein Urlaubsort der ruandischen Oberschicht. Hier kann man an Sandstränden unter Sonnenschirmen gekühlte Getränke zu sich nehmen oder sich ein bisschen in die Sonne legen. Der Blick auf die umliegenden Berge, das türkise Wasser und einer Gasbohrinsel am Horizont verfeinern das Ambiente.


„Unser Hotel hat sogar seinen eigenen Strand“, erklärt die gesprächige Hotelbesitzerin und steckt sich eine weitere Zigarette an. Er sei einige Kilometer entfernt, aber mit einem hoteleigenen Boot zu erreichen. Unsere Verwunderung darüber scheint aufzufallen. So zögert sie nicht, ihre Überzeugung kundzutun, wonach man keine Minute ungestört an einem öffentlichen Strand sein könnte. Womit sie wohl auch nicht Unrecht hat. Wir ziehen in Erwägung, den Strand mal aufzusuchen. Eigentlich erstaunlich, wie schnell sich gewisse Realitäten verschieben. Zu Hause wäre man sichtlich verärgert über exklusive Strände für Hotelgäste, die einem am Badespaß hindern. Hier in einem Land, wo man alleine durch den Besitz einer hellen Hautfarbe als Reicher gilt, zählt man gleich zur High Society und wird dementsprechend behandelt. In Europa wären wir mit unseren Anliegen, dass 10 Dollar für eine Übernachtung zu teuer sei und wir viel lieber für die Hälfte im Garten zelten würden, aber dennoch die sanitären Anlagen voll nutzen wollen, wohl von oben herab belächelt worden oder gleich in hohen Bogen raus geflogen. Hier wird man noch zum Strand eingeladen. Letztendlich lässt das Wetter und unsere Zeitplanung dann doch keinen Besuch ihrer Strandanlage zu. Bis auf den See mit seinen Sandstränden und einer Brauereibesichtigung, die mit Bierverköstigung wirbt, hat Giseni nicht allzu viel “Entertainment“ zu bieten.


Wir setzen unsere Hoffnung in die Hauptstadt Kigali. Hier angekommen, haben wir das Vergnügen, im Stop und Go Feierabendverkehr bei steil ansteigenden Straßen die Stadt kennenzulernen. Der Abend endet nach der Hotelsuche mit einer Fußballübertragung der Champions League: Manchester gegen Chelsea. Eigenartig, warum sich hier alle Welt für englischen Fußball interessiert. Man wird aber trotzdem erinnert in Afrika zu sein: der erstaunlich große Fernseher verzerrt die Übertragung stark und ist im linken Teil blaustichig, wobei man durch den Einfallswinkel von unseren Sitzplatz eh nur bedingt etwas erkennen kann. Ergänzt wird das Spektakel noch durch drei Stromausfälle. Beim Verrücken des Tisches zerfällt dieser fast und der Manager schmeißt uns beim „eleganten“ Bedienen noch ein Bier um. Da es trotzdem in Rechnung gestellt wird, beweist er wenigstens seine Großzügigkeit in Form eines kostenlosen Tellerchens mit Erdnüssen. Das Spiel endet in der Verlängerung und ein Großteil der Anwesenden springt von ihren Stühlen, schreit euphorisch und fällt sich in die Arme. Manchester hat gewonnen, doch unsere Hoffnungen, jetzt in lustiger Umgebung ein paar Bier trinken und das Geheimnis für das große Interesse an englischen Teams hier in Ruanda lüften zu können, werden enttäuscht. Der Großteil der lediglich fußballinteressierten Gäste verlässt gleich nach dem Spielende den Ort des Geschehens, um wohl möglichst bald Schlafen zu gehen. Naja, die afrikanische Alltagsrealität beginnt auch für die lokalen Fußballfreunde an weit entfernten Spielen sehr früh am nächsten Tag.


Etwas später werden wir hier noch unseren Spaß mit diesem unsympathischen Hotelmanager haben. Jedenfalls können wir uns wenigstens aussuchen, ob er uns betrügt oder wir ihn nur falsch verstanden haben. Ein eher symbolisches Frühstück, das in der ausgehandelten Übernachtung inbegriffen war, soll teuer bezahlt werden. Jeder von uns hat das Vergnügen, mit dem Chef persönlich nachzuverhandeln. Irgendwann bereuen wir alle, die steile Abfahrt zum Hotelparkplatz passiert zu haben. Es wird nicht das letzte Mal sein, denn beim späteren Versuch das Hotel zu verlassen, stellt sich heraus, dass unserer PS-schwacher Kleinbus nicht so einfach die Steigung zur Hauptverkehrsstraße hochkommt. Mit Schweiß, einem gewissen Kollateralschaden der Kupplung, Muskelkraft und vielen Steinen, die hinter die Räder gelegt werden, gelingt es - Stück für Stück - nicht nur wieder hochzukommen, sondern auch eine gelungene Performance für alle Anwesenden zu bieten.


In der Zwischenzeit nutzen wir jedoch die Möglichkeit, das wirklich empfehlenswerte Völkermordmuseum zu besuchen. Bis dato haben wir, bis auf einige Geschichten von David, recht wenig von den blutigen Auseinandersetzungen mitgekommen. Er ist hier mit seinen Eltern als Ausländer aufgewachsen und als sich die Lage damals zuspitzte, nach England zurückgekehrt. In England arbeitet er im Krankenhaus als Krankenpfleger und hier gibt er gerade eine Fortbildung zu medizinischen Fragen im Hospital seines damaligen Wohnortes und ist bei seinem damaligen Kindermädchen untergebracht. Sie vergrub damals ihr Geschirr und ähnliche Wertgegenstände im Garten und hat mit dem letzten Ersparten und zwei Familienbildern die Flucht ergriffen. In Anbetracht der geringen zeitlichen Distanz und der enorm grausamen Dimension des Geschehens ist der Genozid kaum ein Thema, das wir in unserem Reisealltag wahrnehmen. Oder vielleicht gerade deshalb? Erwartungsvoll machen wir uns auf den Weg. Leider erstmal in die falsche Richtung. Von der Hitze gezeichnet erreichen wir leicht zeitversetzt das Genozidmemorial.


Als Reaktion auf einen Sprengstoffanschlag auf das Memorial werden am Eingang Sicherheitskontrollen durchgeführt. Auf dem Gelände befinden sich neben dem Museum einige Massengräber und ein Garten des Gedenkens. Man wird durch einen dreifach geteilten Rundweg geleitet. Hier wird die Konstruktion verschiedener Ethnien während der Kolonialgeschichte, die Vorbereitungen und die Durchführung des Völkermordes der Hutus an den Tutsis eindrucksvoll dargestellt. Innerhalb von knapp 100 Tagen wurde jeder Zehnte umgebracht und 70 Prozent der Bevölkerung traten die Flucht an. Die UN wird hier angeklagt, dass sie ihre Truppenstärke trotz sich mehrender Hinweise auf einen bevorstehenden Völkermord in Form von Massakern reduzierte. Selbst die für die Evakuierung westlicher Staatsbürger eingesetzten UN-Soldaten, hätten ausgereicht den Völkermord zu beenden. Fotos und Videoinstallationen von verstümmelten Landbewohnern, Narben in Kindergesichtern, blutigen Macheten und Tötungsszenen an Straßensperren prägen sich in unser Gedächtnis ein. Nach dem Rundweg erreicht man die Mitte des Gebäudes und befindet sich zwischen verschiedenen Skulpturen. Es gibt verschiedene Räume, in denen Zeitzeugeninterviews auf Leinwand projiziert werden. Im oberen Stockwerk gibt es außerdem zwei separate Ausstellungen. Eine mit Fotos verschwundener Kinder und die andere über weltweit stattgefundene Völkermorde. Deutschland ist das einzige Land, welches zweimal thematisiert wird. Alles in allem harter, schwerverdaulicher Stoff.


In der folgenden Nacht schläft mindestens Hetai unruhig. Mitten in der Nacht wacht er auf um sich zu erleichtern. Im dichten Nebel steigt er aus dem Bus heraus und geht auf der Suche nach einem geeigneten Plätzchen ein paar Meter in die Dunkelheit. Ihm rutscht fast das Herz in die Hose, als er die Konturen zweier Männer, die sich laut artikulierend und mit Macheten bewaffnet auf ihm zustürmen, sieht. Kurz vor ihm machen sie kehrt. Zum Glück sind es nur die Nachtwächter...

Uganda


Wir sind wieder mal zu spät am Grenzübergang und stehen im Niemandsland vor verschlossenem Tor. Glücklicherweise macht der nette Beamte vom kenianischen Grenzbüro eine Ausnahme und wir dürfen Flitzer vor seinem Büro parken und dort übernachten. Am frühen Morgen werden wir vom Klopfen der Geldwechsler geweckt. Sie haben sich in Erwartung eines Geschäfts um unseren Bus versammelt und warten nun darauf, dass wir endlich aufstehen. Nach morgendlichem Zähneputzen zwischen Geldhändlern und Grenzbeamten erledigen wir die Einreiseformalitäten und dürfen ohne jede Gepäckkontrolle passieren.

Unser Weg entlang der Küste des Viktoriasees führt uns nach Jinja, mit ca. 100.000 Einwohnern ist sie die zweitgrößte Stadt Ugandas und wurde 1901 als Handelsposten gegründet. Hier entspringt der weiße Nil dem Victoriasee. Ganz in der Nähe dieser „Quelle des Nil´s“, auch wenn damit über 1.000 Kilometer Flusslauf unterschlagen werden, liegt der Owen Falls Damm. Er ist für nahezu die gesamte Stromversorgung in Uganda und in Teilen Kenias verantwortlich. Außerdem steht dort eine Mahatma Gandhi Statur, die daran erinnert, dass hier ein Teil seiner Asche in den Nil gestreut wurde. Auf der Suche nach dieser Statur kann bloß niemand mit dem Namen Gandhi etwas anfangen. Erst als wir einen der hier lebenden Inder fragen, bekommen wir freundlichst Auskunft.

Obwohl der frühere ugandische Machthaber Idi Amin, auch als „Schlächter Afrikas“ betitelt, 1972 alle Asiaten im Rahmen einer Afrikanisierungskampagne des Landes verwies und ausländische Unternehmen enteignete, leben heutzutage wieder viele Asiaten, insbesondere Inder, in Uganda. Sie sind zumeist wohlhabende Geschäftsleute und haben viel Einfluss auf die Wirtschaft des Landes.

Einige Kilometer stromab liegen die Bujagali Falls. Eigentlich eine sich über mehr als sechs Kilometer erstreckende Folge von Stromschnellen und aufgrund ihrer Schönheit und der Raftingmöglichkeiten eine der touristischen Attraktionen Ugandas. Etwas oberhalb der ersten Stromschnellen schlagen wir unser Lager auf. Kurze Zeit darauf sitzen wir respektvoll, staunend am Ufer der ersten tosenden Stromschnelle und fragen uns wie es wohl möglich ist dort unbeschadet mit einem Boot hindurch zufahren und inwiefern dies eine gute Idee wäre.

Am Abend machen wir einen Inder ausfindig der uns als Manager der Rafting Gruppe mit dem klangvollen Namen „Equatorrafting“ ein unwiderstehliches Angebot offeriert. Er bietet uns für nicht einmal die Hälfte des üblichen Preises eine Raftingtour an. Einzige Bedingung: wir müssen mindestens zu viert sein. Wir sind zwar nur drei aber haben keinerlei Zweifel daran noch den einen oder die andere mit in unser Boot zu bekommen. Weit gefehlt! Trotz des unschlagbaren Preises haben alle schon anderweitig vorgebucht, Sicherheitsbedenken, überhaupt keine Lust oder gar kein Geld. So verbringen wir sechs Tage mit der Suche nach Gleichgesinnten. Auf den Straßen in Jinja kommt sich Guido beim Ansprechen von potenziellen Mitpaddlern zwischenzeitlich wie ein Praktikant zum Reiseverkehrskaufmann vor.

So lernen wir die Israelin Dana kennen. Sie hat zwar keine Lust auf eine Bootsfahrt aber gerade beim Versuch ein Fahrrad zu erstehen ihre Visakarte und die ihrer zwei Mitreisenden Freunde verloren. Drei auf einen Streich das klingt nach Murphys Law. Sie ist verständlicherweise ziemlich aufgelöst. Die drei haben sich im Nachbardorf ein kleines Häuschen gemietet und sind gerade dabei zusammen mit einem Bootsbaumeister ein traditionelles, offenes Segelboot zu bauen. Darauf wollen sie dann wohnen und die Küste des Victoriasee´s entlang segeln. Wie sie erzählt hat sich der Fertigstellungstermin des Bootes schon mehrfach nach hinten verschoben. Mal muss ihr Bootsbaumeister eine dringende Reparatur durchführen, dann findet ein Dorffest statt oder er hat etwas Familiäres zu erledigen. Nun wird sich die Schiffstaufe aufgrund von Geldmangel wohl noch etwas mehr verzögern. Wir bringen Dana mit Flitzer nach Hause. Als wir das abgelegene Dorf erreichen werden wir von einem Kinderchor empfangen. Sie singen, rennen und tanzen um uns herum und begleiten uns auf Schritt und Tritt. Was für ein Emfangskomitee!

Auf unserer Fahrt durch die dörfliche Idylle kommen wir an einem Gefängnis vorbei. Die Häftlinge sind alle samt gelb gekleidet. Wir sehen auch einige von ihnen auf den umliegenden Feldern arbeiten. Wie wir später erfahren zahlen Farmbesitzer bis zum fünffachen Lohn eines normalen Arbeiters für einen Sträfling der auf ihren Feldern arbeitet. Ein Einheimischer erklärt uns: „Diese könne man auch schon mal vor einen Pflug spannen und sie würden wenigstens rund um die Uhr arbeiten.“ Von dem Geld bekämen die Häftlinge natürlich nichts zu sehen vielmehr würde dieser Arbeitseinsatz zu ihrer gerechten Bestraffung gehören.

Auf der Suche nach einer geeigneten Badestelle im Nil lernen wir den sechzehnjährigen Vincent kennen. Er wohnt mit seiner Familie ganz in der Nähe in einer Strohhütte. Da er gerade Ferien hat entschließt er sich uns zu begleiten und führt uns zu seiner Badestelle Nummer eins. Dort sind schon viele andere Einheimische am Baden. Gleichzeitig wird diese Gelegenheit von den meisten zur Körperhygiene genutzt und wenn man schon mal dabei ist werden auch gleich die Klamotten mitgewaschen. Das felsige Ufer eignet sich wunderbar als Sprungturm und das Schwimmen wird auch nicht langweilig. Da die nächste Stromschnelle nicht weit entfernt ist gilt es die verschiedensten Strömungen nicht unbeachtet zu lassen. Am Ende sehen wir dem Sonnenuntergang über dem Nil zu und sind gut geschafft.

Nun ist es endlich soweit. Der Inder hat höchsteigen zwei weitere Mitfahrer von seinem Angebot überzeugt und unsere Bootsfahrt kann beginnen. Beim Anlegen der Sicherheitsmontur sind bei Guido sowohl die Schwimmweste als auch der Helm unbrauchbar, aber alles kein Problem es wird schnell für Ersatz gesorgt. Nachdem wir abgelegt haben bleiben wir vorerst in ruhigem Fahrwasser. Wir machen einige Kenterübungen und lernen die Raftingsprache ( nur einige leichtverständliche Worte) kennen. Auf diese Weise bestens ausgebildet starten wir in Richtung der ersten Stromschnelle. Wir werden zur Sicherheit von einem zweiten Boot und zwei Kajakfahrern begleitet.

Langsam nimmt das Grollen des Wassers an Lautstärke zu und ein tosender Abgrund kommt in Sicht. Damit macht die freudige Erwartung der Frage nach dem „warum?“ Platz. Ein bisschen Spaß muss halt auch mal sein! Alle Überlegungen in diese oder eine andere Richtung werden beim erreichen der Stromstelle je beendet. Das Boot wird von den Naturgewalten aus dem Wasser durch die Luft und zurückgeschleudert. Zeitweise steht es senkrecht in der Luft und Hetai als auch die beiden dazugekommenen Mitstreiter nehmen eine andere Flugbahn als unser Boot und landen in hohem Bogen in den Fluten. Als sich das ganze augenblicklich wiederholt schwebt Olli zeitweise über Guido, unser Bootsführer verschwindet ebenfalls im wilden Nass und ein Paddel ist gebrochen. So muss sich ein wilder Rodeoritt anfühlen. Als sich alles wieder beruhigt sitzen nur noch Olli und Guido im Boot. Die anderen kommen nach und nach wieder zum Vorschein und werden sogleich ins Boot gezogen. Sie haben gerade eine Achterbahnfahrt der besonderen Art hinter sich und es braucht einige Zeit bis ihr Adrenalinspiegel wieder auf Normalniveau ist. Die Zeit haben wir auch da der Fluss nun glücklicherweise wiederum friedlich vor uns liegt. Bis zu den nächsten Stromschnellen die sich jeweils schon aus der Ferne ankündigen und an denen sich ähnliches abspielt bleibt Zeit zu verschnaufen, in die Sonne zu blinzeln oder ein freiwilliges Bad zu nehmen. Nach ca. sechs Stunden sind wir gut durchgeschüttelt am Ziel, um verhältnismäßig viel Geld ärmer aber um ein unvergessliches Erlebnis reicher.

In der Hauptstadt Ugandas, Kampala, was so viel heißt wie „Hügel der Antilopen“, begegnen wir nicht einem einzigen dieser graziösen Tiere. Vielmehr finden wir uns in einem anscheinend nicht auflösbarem Verkehrschaos wieder. Autos, Fahrräder, Menschen, Tiere, Transportkarren und ähnliches bilden ein die engen Strassen verstopfendes zähflüssiges Konglomerat. Da es für Taxis einfach keinen Platz gibt, übernehmen Motorräder die individuelle Personenbeförderung, vor deren Benutzung allerdings allenthalben gewarnt wird. Während einer Fahrt mit einem dieser „Boda Bodas“ ist man dann auch als Mitfahrender aktiv ins Fahrgeschehen eingebunden. Da es anscheinend keine vorbestimmten Verkehrsregeln gibt, wird ständig versucht, diese während der Fahrt mit den anderen Verkehrsteilnehmern auszuhandeln. Dazu gehört auch die Spurrichtung. Dies klappt nicht immer, dann gilt es zu drängeln, zu schieben und sich bestenfalls abzustützen.

Wir erkunden die sich über verschiedene Hügel erstreckende Stadt vorwiegend zu Fuß. Davon, dass auch in Kampala viele Inder beheimatet sind, zeugt ein weithin sichtbarer hinduistischer Tempel, dem wir einen Besuch abstatten. Während eines Imbisses in einem kleinen Restaurant sind wir dort die einzigen Gäste. Salz und Tee sind in der Küche nicht vorhanden und müssen erst vom Markt organisiert werden. Während dessen erzählt uns der stolze Besitzer, wie wichtig ein Fernsehgerät doch wäre, dann würden die Gäste in Scharen einkehren. Das Verkehrsgedränge lichtet sich, als wir die Außenbezirke durchwandern. Hier wohnt die Oberschicht, auch liegt hier die „Garden City“, eine große Einkaufspassage nach westlichem Vorbild mit Supermarkt, Luxusläden, Kasino, Disko, Kino….

Wir kommen auf einem Campingplatz am Stadtrand unter. Dort wohnen auch viele andere Ausländer. Bei abendlichem Bier mit Grillfleisch kommt man ins Gespräch. Der Australier David verkauft sich als Söldner und arbeitet im Kongo. Wie er erzählt, führt seine Einheit Sicherungsaufgaben durch. Näher will er dies anscheinend nicht erläutern, da er auf diesbezügliche Fragen mit Schweigsamkeit und spontanen Kopfschmerzen reagiert. Er hat sich kürzlich von seinem Soll eine Luxusvilla in Kampala gekauft. Dort will er zusammen mit der sehr naiv daherredenden Friedensforscherin, deren Namen wir alle vergessen haben, einziehen. Da zeigt sich mal wieder, Gegensätze ziehen sich an oder vielleicht hat das auch etwas mit ihrem Forscherinnendrang zu tun.

Der deutsche Student Sebastian macht eine Feldforschung zum Thema „Soziale Auswirkungen von Durchfallerkrankungen auf die familiären Strukturen und deren Behandlung“. Der Holländer Roger arbeitet gerade an einem Buch über die LRA „Lord´s Resistance Army“. Diese paramilitärische Gruppe kämpft für die Errichtung eines Gottesstaates auf Grundlage der zehn Gebote. Dieser Kampf findet vornehmlich auf Kosten der Zivilbevölkerung statt, es wird geplündert, gemordet und Kinder werden aus ihren Heimatdörfern entführt, um sie zu Soldaten oder Sexsklaven zu machen. Roger beschreibt uns unglaublich grausame Einzelheiten. Regina arbeitet wiederum in der NGO „Rigth to play“, die sich um die soziale Wiedereingliederung entflohener oder befreiter Kindersoldaten kümmert. Der Brazilianer Junior hat sich gerade ein Motorrad gekauft und will damit nach Europa fahren. Wir wünschen ihm eine gute Reise.

Mit Juri und Gari, zwei Gartenbaustudenten aus Deutschland, setzen wir unsere Reise in Richtung Fort Portal fort. Die Vegetation wird zunehmend üppiger und die Landschaft hügliger. Dort besuchen wir Pastor Bosco. Er lebt zusammen mit seiner Frau und ca. 150 Aidswaisen in einem selbst organisierten Waisenhaus ( http://www.nukurubaorphans.org ). Um dies zu finanzieren, betreibt er ganz nebenbei einen Campingplatz. Dieser ist sehr malerisch an einem der in dieser Gegend zahlreichen Kraterseen gelegen. Nach einem erfrischenden Bad genießen wir die Ruhe des Sees. Kein Laut dringt aus der Umgebung bis an den Grund des Vulkankraters vor, aber jedes gesprochene Wort ist deutlich über den ganzen See zu verstehen.

Während einer Wanderung durch die Umgebung vorbei an drei anderen Seen erzählt uns ein Einheimischer von den eigentlichen Ureinwohnern Ugandas, den zurückgedrängt in den nahe liegenden Bergen lebenden Pygmäen. Er schwärmt besonders von den in Liebesdingen sehr freigiebigen Frauen. Auch ist er überzeugt und begeistert davon, dass es unter ihnen kein AIDS geben würde. Obwohl Uganda als eines der Musterländer Afrikas in der Aidsbekämpfung gilt, wagen wir dies zu bezweifeln. Guido hätte gern einen Abstecher zu diesen Menschen unternommen. Nur ist Olli nicht von zweihundert Kilometern Piste an einem Tag durch die Berge begeistert. Hetai hat Einwände, da es in dieser Gegend vor kurzem eine Ebolaepedemie gab.

Kurz darauf erregt ein Menschenauflauf unsere Aufmerksamkeit. Etwa zwanzig Leute tanzen erregt mit Steinen und Macheten bewaffnet um einen Steinhaufen, der gerade umgegraben wird. Wie man uns erzählt, hat sich eine schwarze Cobra in seinen Schutz geflüchtet und diese gelte es prophylaktisch zu töten. Als der Steinhaufen nahezu einmal umgestapelt ist und der Schlange kein Schlupfwinkel mehr bleibt, entschließt sie sich zur Flucht nach vorn und schnellt mit breitem Kopf und Drohgebärden hervor. Sofort geht ein Hagel von Steinen auf sie hernieder und kurze Zeit später nach einem beherzten Machetenhieb windet sie sich kopflos am Boden. Der Kopf mit seinen spitzen Zähnen schnappt noch eine gute Weile körperlos nach vermeintlichen Feinden.

Am nächsten Tag lädt uns der Pastor zu einer Dschungeltour mit einem seiner Freunde ein. Er will Fotos von den dort lebenden Schimpansen machen. Sein Freund Faros ist der Besitzer eines wunderschönen Anwesens von ca. 1000 Hektar. Dazu gehören ein großes Primärwaldgebiet, Felder und drei Seen. Zusammen mit ihm und einem Pflanzenexperten unternehmen wir eine Wanderung durch den Wald. Der Pflanzenexperte ist mit Herz und Seele bei der Sache und weiß zu jeder Pflanze gute zehn Minuten lang etwas zu berichten. Mit Juri und Gari hat er eine begeisterte Zuhörerschaft an seiner Seite. So kommen wir nur sehr, sehr langsam voran. Als einige rote Ameisen den Weg in Guidos Hosenbein finden und er anfängt zu tanzen, ist sein lapidarer Kommentar „You will do a striptaese“. Leider beginnt es zu regnen, worauf sich die Schimpansen ins dichte Blätterwerk verkriechen und wir sie nicht zu sehen bekommen. Wir werden von Faros zu einem üppigen afrikanischen Mehrgängemenü eingeladen währenddessen er uns seine Pläne erläutert. Er würde gerne ein großes Hospital oder eine Universität bauen. Land gibt es ja zur Genüge nur fehlt es noch an Investoren. Also falls jemand Interesse hat, einfach bei Pastor Bosco melden.

Am Abend findet auf dem Campingplatz eine Feier mit den Waisenkindern statt, zu der sich nach und nach fast die gesamte Dorfjugend einfindet. Mit einem Generator wird Strom erzeugt und ein DJ übertönt diesen mit afrikanischen Rhythmen. Schnell sind selbst die Kleinsten am Hüften schwingen. Am Morgen verabschieden wir uns von Pater Bosco und lassen ihm noch einige unserer Schulhefte, Spielsachen und Fußbälle da. Auf unserem Weg zum Queen Elizabeth Nationalpark liegt die Farm eines Deutschen, auf der Gari Recherchen für seine anstehende Diplomarbeit durchführen will. Als wir Gari und Juri dort absetzen, staunen wir über den „Fortschritt ZT-300“ am Feldrand, ein in der DDR gebauter Traktor. Wie ist der bloß hier her gekommen? Der Farmbesitzer hat ihn aus Deutschland nach Mombasa verschifft und ist von dort aus die gut 1500 Kilometer durch Kenia und Uganda auf seine Farm gefahren, geländegängig ist er ja.

Leider lassen uns die erst gestern geflickten Reifen schon wieder im Stich. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, unter welchen Umständen dies geschah. Bei ordentlichem Regen mitten im Schlamm, von dem eine gute Portion in unseren Reifen landete. Glücklicherweise scheint heute die Sonne und wir finden eine besser ausgerüstete Werkstatt. Hoffend auf die Redewendung „Gut Ding braucht Weile“ bringen wir einen halben Tag damit zu, den Schlamm wieder aus den Reifen zu holen und sie erneut zu flicken.

Am späten Abend erreichen wir das Haupttor, zum am Lake Eduard gelegenen Queen Elisebeth Nationalpark, den wir besuchen wollen. Hier leben Nilpferde, Elefanten, Wasserbüffel, Krokodile, viele Wasservögel, einige Raubkatzen und viele andere Tierarten. Da das Eingangstor schon geschlossen ist, entscheiden wir uns davor zu nächtigen. Nach kurzer Zeit klopft es an unserer Scheibe. Eine Angestellte des Parks erkundigt sich nach unseren Plänen und überreicht uns eine umfangreiche Preisliste. Auf dieser sind verschiedene zu bezahlende Positionen aufgeführt. Man braucht einen persönlichen Führer, das Auto ist extra zu bezahlen usw. am Ende kommt eine ordentliche Summe für einen Besuch zusammen. Damit haben wir nicht ganz gerechnet. Wir sind uns nicht einig, ob wir diese Summe ausgeben sollten. Olli ist dafür den Park zu besuchen, Hetai weiß nicht so recht und Guido ist es einfach zu teuer. So diskutieren wir lange darüber, was wir am nächsten Tag unternehmen sollten.

Irgendwann hören wir aus der Dunkelheit des angrenzenden Waldes lautstarkes Ästeknacken. Die Parkangestellte klärt uns auf und meint, dort wären Elefanten unterwegs. Die Geräusche kommen langsam näher und kurze Zeit später trottet eine Elefantenfamilie auf der Straße an uns vorüber. Die Parkangestellte erzählt uns, dass hier überall Tiere unterwegs sind. Daraufhin versucht Guido, Olli davon zu überzeugen, dass man die Tiere auch einfach so in der Umgebung beobachten könnte. Nach einer weiteren Stunde kommt ein anderer mittlerweile etwas gereizter Parkangestellter zu uns und meint, wir könnten dort nicht die ganze Nacht verbringen und sollten zur nächsten Lodge fahren. Diese ist nur ca. zwei Kilometer entfernt und am Morgen sollen wir wiederkommen. Nachdem wir festgestellt haben, dass mal wieder ein Reifen platt ist und wir diesen gewechselt haben, kommen wir seiner Aufforderung gerne nach. Aber auch das Tor der Lodge ist fest verschlossen und keine Menschenseele zu entdecken. So verbringen wir die Nacht vor der Lodge und wie wir später feststellen auf dem sogenannten Nilpferdhügel zwischen grasenden Hippos.

Am nächsten Morgen erscheinen einige Lodgeangestellte an unserem Bus, entschuldigen sich für die nächtliche Abwesenheit und laden uns auf einen Besuch ein. Da auch hier eine etwas untypische Preisstruktur herrscht, lehnen wir dankend ab und sind eher froh darüber,die Nacht nicht dort verbracht zu haben. Olli ist nach einigem hin und her nun auch dafür die Gegend doch erst einmal zu Fuß, quasi heimlich, zu erkunden. Nach einem Frühstück im nächsten Dorf entdecken wir nicht weit entfernt, am Ufer des Lake Eduards eine Horde Nilpferde. Wir sind schon im eigentlichen Nationalpark, aber haben am Haupttor noch nicht bezahlt, dürfen also eigentlich gar nicht dort sein. Wohin also mit unserem auffälligen Flitzer? Wir parken ihn fast wie offiziell neben einer kleinen Beobachtungsstation der ugandischen Uni. Dort bereiten gerade einige Studenten ihre Semesterabschlussfeier vor, die am Nachmittag stattfinden soll. Nachdem wir ausgiebig die planschenden Hippos beobachtet haben, kommen wir mit den Studenten ins Gespräch und erfahren, wo sich in der Nähe Elefanten und andere Tiere herumtreiben, aber auch, dass es zu Fuß gefährlich wäre, sich ihnen zu nähern. Am Abend zuvor sahen die Elefanten recht friedlich aus und neugierig sind wir auch, also tasten wir uns langsam in die entsprechende Richtung vor. Nach einiger Zeit finden wir uns mitten verschiedenster Tiere und entsprechenden Geräuschen wieder. Hier springen Krokodile ins Wasser, dort beäugt uns ein Wasserbüffel, Antilopen springen vorüber und ein Hippo stellt uns interessiert nach. Doch weit und breit keine Elefanten. Alles sehr spannend, aber auch mit einem unterschwellig mulmigen Gefühl, setzen wir unsere Wanderung in die Tierwelt fort. Und siehe da, in einiger Entfernung entdecken wir eine Sippschaft Elefanten beim mittäglichem Bade. Leider stehen zwei Wasserbüffel, die uns misstrauisch beäugen und mit denen wir keine nähere Bekanntschaft wünschen, zwischen uns und den Elefanten. So beobachten wir die Elefanten aus einiger Entfernung. Sie genießen sichtlich das kühle Nass, wobei zwei von Ihnen so lethargisch ohne jede Bewegung am Ufer stehen, dass wir an ihrer Echtheit zweifeln. Als wir nach unserer Wanderung wieder bei Flitzer ankommen, ist die Party der Studenten schon in vollem Gange. Wir entschließen uns trotzdem, möglichst schnell das Gebiet des Nationalparks zu verlassen.

Unsere weitere Fahrt Richtung Ruanda führt uns durch eine malerische Gebirgslandschaft, vorbei an in den Tälern mäandernden Seen, über einen Pass den Flitzer nur mit Hilfe eines LKWs überwindet. An einer heißen Quelle machen wir halt und sind überrascht, welcher Beliebtheit diese sich unter der Bevölkerung erfreut. Jedes dazugehörige Wasserbecken und jeder darin befindliche Stein ist mit Leuten übersät, die sich geschäftig waschen oder einfach nur im Wasser liegen. Außerdem geht es dabei in dem sonst eher prüden Land sehr freizügig zu. Als Weiße fallen wir sofort auf und werden interessiert beobachtet. Hetai und Olli sind nicht so begeistert und nur Guido mischt sich unters badende Volk. Ihm wird sofort Seife gereicht und ein Waschplatz gewiesen. Das Wasser ist sehr warm bis heiß und bedenklich mit Seife angereichert. Trotzdem sehr angenehm sich mal wieder mit heißem Wasser abseifen zu können.

Im Dreiländereck zwischen Uganda, Ruanda und dem Kongo befindet sich der Bwindi Nationalpark einer der wenigen Orte, an denen noch Berggorillas leben. Zu ihrem Schutz dürfen offiziell pro Tag, zu einem Preis von 500 US Dollar, nur ca. 40 Besucher in den Park. Wie wir erfahren, gibt es aber auch die Möglichkeit, mit korrupten Parkangestellten für die Hälfte des Preises einen Ausflug zu den Gorillas zu unternehmen. Außerdem kommt es immer wieder zu Wilderungen, da sich der Kopf oder die Hände der Primaten gut als Souvenir verkaufen lassen. Auch wird der Park immer wieder als Rückzugsgebiet und Versteck von Rebellengruppen genutzt, wodurch die Affen zusätzlich bedroht sind.

Auf dem Weg zur ruandischen Grenze verfahren wir uns und stehen irgendwann an der kongolesischen Grenze, als wir dann zu spät vor dem ruandischen Grenzübergang stehen, ist dieser schon geschlossen. So erhalten wir die Möglichkeit, die Infrastruktur des Grenzortes kennen zu lernen. Der hohe Alkoholkonsum und die Existenz einer gut laufenden Bar sind auffallend. Spricht dies doch für eine gewisse Geldzirkulation. Verschiedene Geldwechsler speisen in den am Straßenrand stehenden Fastfoodbuden. Uns wird Omelett mit Zwiebeln und Milchtee empfohlen. Wäre auch das einzige, was zu diesem Zeitpunkt noch angeboten wird. Die Sicherheitslage soll ganz gut sein, „wir sind ja hier nicht in Kampala“, erklärt uns ein Grenzsoldat.

Dennoch empfiehlt er uns, direkt vor seinem Häuschen zu nächtigen. Im Lichte des Mondes sind die Konturen des nahe gelegenen Vulkans zu erkennen.


Kenia

Die kenianische Grenze begrüßt uns mit freundlichen Grenzern, ab jetzt mit dem deutschen G3 und nicht mehr mit der Kalaschnikow ausgerüstet. Wir holen uns in Äthiopien den Ausreisestempel mit kleinen Bedenken (Visa und Carnet waren seit Tagen abgelaufen). Da kommt uns der Zufall zur Hilfe.
Der zuständige Grenzer hat seit geschätzten drei Tagen einen Computer. Oh Wunder der Technik! Da er sehr unbedarft ist und die Tastatur und Software noch nicht versteht hilft Olli ihm beim erstellen der nötigen Eintragungen. Bei der Eingabe der Visadaten taucht immer wieder in einem großen Fenster das Word “expired “ (abgelaufen) wie eine Windows- Fehlermeldung auf. Er ist etwas verwirrt über die blöde Software und ändert dann das Datum auf unser empfehlen hin auf einige Tage früher. Erledigt!

Das neue Visum für Kenia bekommen wir ohne Probleme. Danach stellte sich raus, dass es leider schon zu spät ist um das Carnet auch noch zu stempeln. Erst am nächsten Tage ist dies möglich. Obendrein sollen wir uns doch lieber einem bewaffneten Konvoi anschließen der am nächsten Tag früh losgeht. Die Gegend ist wohl wieder mal von Rebellen beherrscht.

Da wir uns auf kenianischer Seite noch nicht recht auskennen und mit dem Auto sowieso nicht rein dürfen ziehen wir es vor in Äthiopien zu übernachten. Nach einigen Erklärungen an die Grenzer können wir dann auch ohne gültige Papiere wieder einreisen. Für die Nacht finden wir einen recht anständigen Campingplatz in nächster Nähe wo wir dann auch noch das restliche Geld loswerden können. Vorher haben wir noch einiges an Geld getauscht um kräftig Diesel zu tanken. Aber leider sind alle örtlichen Tankstellen restlos ausverkauft. Daher haben wir dann ne Menge an Zigaretten gekauft, die wie fast alles deutlich billiger diesseits der Grenze sind.

Auf dem Campingplatz treffen wir dann auch eine österreichische “Reisegruppe“ wieder, die uns im Omo-Valley in völlig verlassener Gegend auf unmöglicher Piste mit einem neuen VW- Allradbus und einem kleinen armeeähnlichen Geländeauto entgegen kamen. Nun stellt euch unsere Gesichter vor. Ein neuer VW- Bus mit allem Schnickschnack mitten in Afrika. Das ist ungefähr so als wenn zu Hause ein UFO vor der Tür landet. Die Besitzer, die wir dann diesen Abend näher kennen lernen, sind die halbe Führungsriege von einer österreichischen Firma die hochwertige Kunststoffe produziert. Sie nehmen sich jedes Jahr ein paar Wochen Zeit um ein Stück weiter Afrika auf eigenen Wegen zu erkunden. Das hält anscheinend sehr jung da zwei der Herren knapp 70 Jahre alt sind und wie frische 50 aussehen. Respekt! Sie lassen es sich an diesem Abend nicht nehmen uns, bei einem angenehmen Gespräch, auf einen leckeren, von zu Hause mitgebrachten Whisky einzuladen.
Nächsten Morgen klingelt der Wecker früh und wir brechen noch recht verschlafen Richtung Kenia auf.

Kenia macht seit Anfang an einen sehr entspannten Eindruck. Die Menschen sind hier viel sympathischer und nerven nicht so sehr wie in Äthiopien. Man wird nicht ständig umringt und mit „youyou, give me“ zugetextet. Manchmal lagen unsere Nerven wirklich blank.

Trotz der Empfehlung der Grenzer im bewaffneten Konvoi zu fahren machen wir uns alleine auf den Weg. Wir wissen, dass die nächsten 550 Kilometer übelster Piste mit Flitzer und abermals Rebellenwarnungen nicht ganz einfach werden und beschließen unser eigenes Tempo zu fahren. Am ersten Tag schaffen wir es bis zu “Henry de Swiss“ in Marsabit. Er ist ein Schweitzer Eidgenosse der hier eine Baufirma, Bäckerei und Familie hat, hauptsächlich für die örtliche Kirche baut und nebenbei einen Campingplatz betreibt. In diesen “unsicheren“ Zeiten sind wir neben ein paar Engländern die einzigen seiner Gäste. Wir genießen den Abend bei Bratkartoffeln, Bier und echtem Käse. Dieser ist von Henry und man kann ihn wohl in Nairobi kaufen. Für uns ist es ein Festmahl der besonderen Art. Käse kann ganz irre gut schmecken nach einiger Zeit der Abstinenz und irgendwo in Afrika.

Da die Regenzeit uns doch auf den Fersen ist und sich das Wetter und somit auch die Piste zunehmend verschlechtern geht’s nach zwei Tagen weiter. Der Weg verlangt alles von uns und dem Flitzermobil. Er ist von Lkws und Landrovern so ausgefahren, dass wir nicht in der Spur fahren können ohne zwangsweise die Ölwanne und einiges Andere zu verlieren. Folglich fahren wir obenauf, links oder rechts daneben. Das verlangt höchste Konzentration, denn jeder Meter kann ansonsten der letzte gewesen sein. Nach drei Stunden kommt man sich als Fahrer wie nach einem zehn Stunden Arbeitstag vor. Dann tauschen wir. Das Ergebnis, 180 Kilometer an einem Tag. Nicht schlecht, oder?! Man erinnert sich nur noch vage an deutsche Autobahnen und ist sich nicht mehr ganz sicher ob es die dann auch wirklich gibt.

Abends schauen wir uns dann nach einem geeigneten Schlafplätzchen außerhalb eines Dorfes um und werden bald von Einheimischen besucht. Sie erklären, dass man hier auf keinen Fall draußen schlafen kann, ist wohl zu gefährlich. Sie bekommen alsbald mit das eine nahe gelegene Lodge nicht unseren Bedürfnissen von preiswertem Reisen entspricht und empfehlen uns eine nahe gelegene Polizeistation mit einem großen Hof. Das ist ihr Ernst und schon fahren wir mit einem Begleiter hin. Dann streikt der Motor und wir blockieren ungewollt die Einfahrt zum Polizeihof für einige Minuten. Verdutzte, aber freundliche Polizisten umrunden uns neugierig, und tatsächlich können wir bei ihnen die Nacht verbringen. Wir stellen Tisch und Stühle raus, hören etwas Musik und bereiten ein leckeres Abendmahl mit Kartoffeln und Gemüse unter Polizeiaufsicht. Am nächsten Morgen bedanken wir uns für die Gastfreundlichkeit und es geht weiter.

Für diesen Tag haben wir etwas Besonderes geplant. Wir wollen ein Projekt für Solarkocher besuchen, das Berliner ein paar Jahre zuvor ins Leben gerufen haben. Als wir dort ankommen finden wir auch sofort ehemalige Projektbeteiligte die uns liebend gern die Überreste zeigen. Dafür wurde von den Deutschen ein Steinhaus gebaut indem jetzt eine Familie wohnt und die nicht verkauften Kocher in einer Ecke verrosten. Die Idee war vielleicht sehr gut, hat sich aber nicht durchgesetzt. Traditionell wird hier eben auf einem Holzfeuer im Haus gekocht. Außerdem, so der Glaube, könnte wenn man draußen kocht ein schlecht gesinnter Nachbar den so genannten Bösen Blick werfen und damit das Essen vergiften. Über einen aus Deutschland hergebrachten großen Mercedes-LKW freuen sie sich schon eher. Leider hat er einen kapitalen Schaden und rostet deshalb ebenfalls vor sich hin, bis mal eventuell jemand mit Ersatzteilen kommt. Naja vielleicht passiert das ja noch…

Auf der Abfahrt erfahren wir das ganz in der Nähe eine Deutsche lebt und für die AIC (African Inland Church) tätig ist. Unsere Neugier ist geweckt und wir machen uns auf die Suche. Eine Deutsche hier, so weit weg von unserer Zivilisation, das schweißt schon mal unbekannter Weise zusammen. Wir fragen uns durch. Schließlich stehen wir vor Frau Dr. Eva`s Haus um dann zu erfahren dass sie auf einem Kongress, eine halbe Tagesreise entfernt ist.
Ihr Hausangestellter, ein junger Mann bittet uns trotzdem rein und versucht sie telefonisch zu erreichen, damit wir mit ihr sprechen können. Da die Verbindung leider zu schlecht ist gibt sie per SMS Bescheid, dass er uns ein leckeres Abendbrot zaubern soll und wir herzlich eingeladen sind in ihrem Haus zu nächtigen. Das Angebot nehmen wir erfreut an. Ein Haus mit Dusche und echten Matratzen zum Schlafen auf der Terrasse sind toll. Der Abend wird ganz heiter da immer mehr “Freunde“ auftauchen und sich interessante Gespräche ergeben. In der Nacht beginnt es ordentlich zu Regnen. Wir sollen in unseren Sandalen möglichst nicht draußen herumlaufen da, so wie bei uns die Regenwürmer hier viele kleine Skorpione aus dem Boden krabbeln.

Heute wollen wir dann unsere unbekannte Gastgeberin besuchen und machen auf unserem Weg einen Stop beim Kongress. Wir treffen Eva und unterhalten uns bei Tee mit Ihr bevor es weitergeht. Sie ist Anästhesistin und Notärztin, arbeitet ca. zwei Monate jährlich in Deutschland und hat dann genug Geld verdient um den Rest des Jahres hier in Kenia ehrenamtlich tätig zu sein. Sie genießt sehr großen Respekt bei den Einheimischen obwohl sie auf ihre und andere Kirchen nicht allzu gut zu sprechen ist. Korruption und Machtgerangel gibt es auch hier.
In Afrika gibt es tausende verschiedene Kirchen. Manchmal hat man den Eindruck das jeder durchgeknallte Prediger hierher gegangen ist um seine eigenen Ideen und Ideale mit “Schäfchen“ zu bereichern.

In Isiolo erreichen wir dann endlich Asphalt und können ganz entspannt westlich den Mount Kenya passieren und nach Nairobi fahren. Nebenbei haben wir das erste Mal den Äquator überquert. War aber eher unspektakulär. Man würde ja im Normalfall mit extremen Temperaturen rechnen aber da hier gerade Regenzeit ist und wir auch noch bei ca. 1.500 Meter ü. NN sind, liegen diese tagsüber bei ca. 25Grad und nachts so um die 18Grad. Sehr angenehm für ausgeprägte Mitteleuropäer!


In Nairobi haben wir eine entspannte Atmosphäre in der Jungle-Junction gefunden. Ein kleines abgeschottetes Paradies, inmitten eines reichen Stadtteils namens Lavington mit vielen “gated areas“ um uns herum und ein Slum fünf Minuten Fußweg weiter.
Komische Welt. Als wir dann noch in einem Supermarkt sind, der sich in Deutschland hervorragend machen würde waren wir verwirrt und unsicher ob das noch Afrika sein soll. Die Kundschaft besteht hauptsächlich aus Weißen und wir denken so muss Apartheid ausgesehen haben. Alles ist mit Elektrozäunen umringt, bewaffneten Guards bewacht, und man kommt nur mit entsprechendem Aussehen rein. Eigentlich schreit alles in einem: ich will wieder weg, aber die Ruhe und Zurückgezogenheit die man hier genießen kann ist doch sehr verführerisch. Das fühlt sich mal wie Urlaub an.

Am neuen Tag wollen wir uns etwas um Flitzer kümmern. Wir kaufen ihm ein paar neue Stoßdämpfer für hinten. Die jetzigen sind jedenfalls völlig fertig und wir springen nur noch lustig, wie ein Laubfrosch mit Känguru- Ambitionen durch die Gegend. Das Ergebnis ist sehr überzeugend und wir freuen uns über die Investition.

Die Jungle Junction gehört Chris. Er ist ein echter Schwabe der den größten Teil seines Lebens in Indien und Afrika verbracht hat und jetzt mit vierzig und Familie doch sesshaft geworden ist. Bei ihm fühlt man sich wie zu Hause und trifft interessante Menschen, die ähnlich unterwegs sind.
Eine dieser überaus erfreulichen Bekanntschaften ist Carola. Sie war viele Jahre als Journalistin unterwegs und hat dabei ihr Herz an Afrika, speziell Simbabwe verloren. Da aber die politische Situation es dort nicht zulässt als Weißer zu leben ist sie auf Tansania, Moschi, am Fuße des Kilimandscharo ausgewichen, wo wir sie hoffentlich nächstes Jahr noch besuchen werden.
Sie kommt ab und zu nach Nairobi um hier im Flair der Großstadt, wie sie sagt “Urlaub zu machen“. Zum kennen lernen laden wir sie gleich mal zum leckeren Grillen mit Rinderfilet, Salat und Bratkartoffeln ein. Bei Bier und interessanten Gesprächen endet der Abend spät.
Nachdem wir ein paar Tage nichts außer Lesen, Träumen, Stadtbesichtigung und Abhängen gemacht haben entscheiden wir uns vom ursprünglichen Plan, über Uganda und Ruanda weiter nach Tansania zu fahren, Abstand zu nehmen.

Dies hat mehrere Gründe. Zum Beispiel stellte sich raus, dass der Verkauf von Flitzer in dieser Gegend mit Linksverkehr und zum Teil unglaublich hohen Steuern legal einfach nicht möglich ist und sehr großen Stress bedeuten würde. Wahrscheinlich würden wir auch die in Deutschland hinterlegte Kaution von 1.500Euro für das “Carnet de Passage“ nicht wieder bekommen da die Papiere hierfür einfach in Ordnung sein müssen. So wollen wir Flitzer in Nairobi belassen und nächstes Jahr wieder kommen und weiter Richtung Süden fahren.

Da wir gerade in bester Urlaubsstimmung sind, entscheiden wir uns nach Osten die 600 Kilometer nach Mombasa an den Indischen Ozean zu fahren und dort die Traumstrände zu besuchen. Dieser Trip kostet uns zwei Tage und eine Nacht und man weiß aus Erinnerungen gleich wieder wozu eigentlich Straßenschilder mit Wegangaben gut sein können, denn nach dem unglaublichen Verkehrsgewühl in der Stadt finden wir uns mit einem mal am International Airport von Kenia wieder. Die Straße ist eine Einbahnstraße und wir müssen Polizei und Militärposten passieren, also erst mal rein´fahren um wieder rauszukommen. Mein Gott, wenn nicht mal der wichtigste Flughafen des Landes ausgeschildert ist, wie sollen wir dann Mombasa finden....

Auf dem richtigen Weg geht der Adrenalinspiegel mal wieder richtig hoch, als uns auf der nächtlichen Piste zwei LKW auf gleicher Höhe entgegen kommen. Erst rätseln wir noch und wischen uns die Augen ob das was wir dort sehen keine Fata Morgana ist und dann nur noch ein einhelliges Geschrei: Runter, runter, runter!!!
Wir können unser Heil nur noch im Verlassen der Straße suchen ohne zu ahnen wie es denn dort wirklich aussieht. Ein bisschen Glück braucht man dabei und so geht’s nur so 20- 30cm runter und wir stehen mit einem großen Schreck in einer Staubwolke, lebend und unversehrt.

In Mombasa angekommen stellen wir fest, das auch hier hoffnungslos viel Verkehr herrscht aber wir doch eigentlich Meer und weißen Strand mit Palmen sehen wollen. Also nehmen wir die nächste Fähre um Richtung Süden den Hafen zu überqueren. Dabei werden wir natürlich vom Beamten als großer LKW eingestuft, was einige Diskussionen und das Verpassen der ersten Fähre mit sich bringt.
Ende gut, alles gut und wir entscheiden uns Tiwi- Beach anzusteuern, da dort ein ruhiger preiswerter Campingplatz direkt am Strand sein soll. Nach kurzen Preisverhandlungen mit dem Verwalter bezahlen wir zwei Euro pro Person für die Übernachtung, und wir parken Flitzer wie im Bilderbuch unter Südseepalmen am weißen Sandstrand und sind ganz allein im Paradies.

Campingplatz sieht dort so aus das es ein verträumtes Ressort mit hauptsächlich Bungalows und Zimmern zum Mieten gibt. Eigentlich treiben sich hier eher Europäer und Amerikaner rum die die hohen Preise von bis zu sieben Euro für ein Essen ohne weiteres bezahlen können und wollen. Uns kommt das fast märchenhaft teuer vor, da wir ja schon einige Zeit ganz privat im Land unterwegs sind. Ein Kenianer dürfte im Durchschnitt so ungefähr zwei Euro am Tag verdienen.
Meist gehören solche Einrichtungen Indern die viel Geld in Kenia verdienen und eine eigene Oberschicht darstellen. Jetzt haben wir also seit langem endlich mal wieder Meer vor uns und sind ziemlich happy.

Als unsere ständigen Begleiter, die Affen auch hier auftauchen ist die Welt also im Lot und wir kümmern uns um ein Lagerfeuer und Grillzeug für den Abend. Dazu müssen wir zehn Kilometer in den nächsten Ort fahren. Da bekommen wir alles auf dem Markt unter freiem Himmel und stellen fest, dass der im Moment nicht vorhandene Tourismus die wichtigste Einnahmequelle der Gegend ist. Die Hotels und Ferienanlagen machen einen traurigen, verwaisten Eindruck. Die Unruhen und vielen Toten im Kontext der Wahlen haben auch hier fast alles zum Erliegen gebracht. Wir stellen fest, dass Tiwi- Beach die richtige Entscheidung zum Verweilen war, denn bei einem Besuch des örtlichen Strandes, dem Diani- Beach werden wir in kürzester Zeit von Einheimischen umringt die in Ermangelung anderer Touristen über uns wie Heuschrecken herfallen. Das gibt einiges an Stress und wir sehen zu weg zu kommen. Zurück an unserem Strand lassen wir es gemütlich angehen. Wir baden, wandern, dösen in der Sonne spielen Skat oder unterhalten uns mit den Einheimischen sowie vereinzelten Gästen.

Am dritten Morgen dürfen wir die Affen wieder etwas näher kennen lernen. Guido und Olli sitzen beim allmorgendlichen Kaffee auf der Terrasse und werden darauf aufmerksam gemacht, dass sich Affen am Auto aufhalten. Wir schauen zum etwa 30 Meter entfernten Flitzer in dem Hetai ruhig und gemütlich schläft. Da im Innenraum ordentlich Bewegung ist denken wir er ist erwacht und steht gerade auf. Doch weit gefehlt. Bei näherer Betrachtung stellen wir fest, dass Hetai noch schläft und eine Horde Affen gerade dabei ist unsere Vorräte an Bananen und Gemüse zu plündern. Seine Anwesenheit stört sie nicht im Geringsten! Sie sitzen wie selbstverständlich neben ihm auf dem Bett und lassen es sich schmecken bis wir sie aufschrecken.

Da wir nun am indischen Ozean sind wollen wir natürlich auch etwas von der Unterwasserwelt erleben und entscheiden uns zu Schnorcheln. Ein Einheimischer zeigt uns so genannte Swimmingpools. Das sind Höhlen und Becken an einem nicht weit entfernten Stück Felsküste die bei Ebbe nur knöcheltief unter Wasser liegen und drei bis vier Meter tief sind. Das erinnert uns eins zu eins an die Aquarien in heimischen Wohnzimmern und wir genießen das Gefühl mittendrin zu tauchen. Guido hat etwas Pech und erwischt bei einer seiner erkundeten Höhlen prompt eine ganz enge die über und über mit den kleinen Schwarzen, mit den langen Stacheln voll ist. Um da wieder raus zukommen bleibt ihm nur die Flucht zur Oberfläche. Nachdem er einige der Seeigel gelöst hat kann er aussteigen. Das gehört dann in die Kategorie: Muss man nicht haben!

Nach einigen Tagen “Ferien“ geht’s weiter in Richtung Süden in die Nähe der Grenze zu Tansania. Hier gibt es etwas vorgelagert einen Meeresnationalpark bei Shimoni, einer Halbinsel. Es kommen sonst viele Touristen zum Tauchen oder Hochseeangeln her. Wir entscheiden uns, nur die berühmten Höhlen zu besichtigen, die sich über 15 Kilometer erstrecken und in denen der Legende nach Sklaven gehalten wurden, bevor man sie nach Arabien abtransportierte. So beeindruckt waren wir dann aber nicht. Nur bei der Vorstellung über die Mengen der Sklaven die hier eingepfercht gewesen sein sollen waren wir schockiert. Ansonsten ist jede Höhle im Harz spannender.

Wir machen uns auf den Rückweg nach Nairobi, ohne natürlich Mombasa auszulassen. Mombasa wurde im 11. Jahrhundert von Arabern gegründet und ist heute der wichtigste Hafen in Ostafrika. Uns hat besonders die Altstadt gefallen, die mit engen Gassen und hübschen Häusern an die Hochzeit der Araber hier erinnert. Wie auch das Fort Jesus, von den Portugiesen gegründet hat hier alles seinen eigenen Charme.
Auf der Straße nach Nairobi, die übrigens wie vieles hier von den Chinesen gebaut wurde, fahren wir am größten Nationalpark Kenias, dem Tsavo-East und dem Kilimandscharo vorbei, ohne allerdings zu verweilen.

Unsere Reise geht über Nakuru nach Kisumu am Victoriasee ins Rift Valley im Westen Kenias. Dort haben wir uns über den Hospitality-Club mit einer Frau verabredet die wir besuchen wollen.
In Nakuru halten wir um zu Telefonieren um uns schon mal anzukündigen. Dazu müssen wir das Auto verlassen und einen Telefonshop suchen. Wir sind noch keine drei Minuten vom Auto weg als jemand versucht die Fahrertür aufzubrechen. Olli läuft schreiend hin und der Typ flüchtet. Das Türschloss ist hin. Naja eigentlich auch kein Wunder. Die Gegend in der wir angehalten haben sieht echt etwas zwielichtig aus. Uns ist jedenfalls die Lust auf einen längeren Aufenthalt vergangen. Wir fahren weiter. Die asphaltierte Straße nach Kisumu ist so unglaublich mies das wir uns eine Piste wünschen. Die Schlaglöcher sind zahlreicher als der eigentliche Belag und so tief das jedes unsere Bodenwanne zerstören kann. Wir fahren stundenlang Schrittgeschwindigkeit und suchen dann auf einem Nebenweg in den Bergen einen Schlafplatz. Der nächste Morgen begrüßt uns mit Sonnenstrahlen und wunderschöner Landschaft. Rund herum befinden sich auf den Hügeln Teeplantagen im satten Grün.

In Kisumu angekommen erfahren wir, dass unsere zukünftige Bekanntschaft am örtlichen Flughafen arbeitet und wir sie dort zum Feierabend abholen können. Wir laden sie zu einem Bier in einem Hotel in der nähe ihrer Wohnung ein. Sie erzählt uns ausführlich von den starken Unruhen im Zusammenhang mit den Wahlen einige Wochen zuvor. Dabei haben sich die Volksgruppen bürgerkriegsähnlich bekämpft. Es gab Tote, viele Verletzte, ausgebrannte Tankstellen und Häuser. Abends lernen wir die ganze Familie kennen. Die geschiedene Mutter und drei Geschwister leben in drei kleinen Zimmern, Küche, Bad, Strom und fließend Wasser in einem Hof, umgeben von zwei Meter hohen Wänden und einem Stahltor zur Straße. Nachts bewachen zwei Furcht einflößende Hunde den Hof. Da Olli seine Schuhe draußen vergessen hat sind sie am nächsten Tag etwas zerfleddert.

Die Familie lebt für afrikanische Verhältnisse durchaus in einem gewissen Luxus. Sie sind aufgeschlossen und freundlich. Auch hier läuft den ganzen Tag der Fernseher. Einer der Söhne hat gerade sein Jurastudium abgeschlossen. Nur ohne die richtigen Beziehungen ist kein Job in Aussicht, so studiert er nun das niveauvolle Fernsehprogramm. Mit viel Spannung wird ein Sprintwettkampf verfolgt an dem ein anderer Sohn teilnimmt. Es geht für ihn darum sich für die olympischen Spiele in Peking zu qualifizieren. Als kleines Dankeschön für die nette Unterbringung wollen wir ihnen ein deutsches Essen kochen. Da es Hetai und Guido an diesem Abend nicht gut geht steht Olli am Ende allein mit Dora der Mutter der Familie in der Küche. Es ist hier durchaus nicht alltäglich, dass sich ein Mann in der Küche betätigt. Dora ist so angetan von Ollis Kochkünsten, dass sie sich augenscheinlich in ihn verliebt. Dies zeigt sie ihm auf unterschiedliche Art und Weise. Da diese Liebe wie so oft nicht auf Gegenliebe stößt, drängt uns Olli am nächsten Tag doch lieber vorzeitig abzureisen.

Auch in und um Eldoret der größten Stadt im Rift Valley haben die Auseinandersetzungen nach den Wahlen ihre Spuren hinterlassen. Hier sind viele neue Flüchtlingslager entstanden.Als wir in einem Restaurant sitzen spricht uns ein Inder an und lädt uns auf seinen Campingplatz ein. Von diesem haben wir schon gehört. Er hat sich hier seine majestätische Traumwelt gebaut. Geträumt hat er sehr organisch. Es gibt keine geraden Linien alles verläuft in Wellen. Vereinzelt stehen Gebäude herum die von Gaudi erdacht sein könnten. Keines gleicht dem Anderen. Ein großzügiger Swimmingpool wird durch einen künstlichen Wasserfall gespeist. Ein mäandernder Tunnel schlängelt sich zu einem großen Pavillon. Dieser besteht aus mehreren Ebenen, ein Bach versorgt die exotischen Pflanzen die in seinem Inneren wachsen. Das alles war bestimmt nicht billig. Nebenbei betreibt er einen Familienbetrieb. Der größte Kleidungshersteller Kenias. Er lädt uns zu einer Besichtigung ein, doch wir haben mal wieder einen Platten und verpassen diese.