17. April 2009

Zimbabwe



























Den zimbabwischen Filmemacher Joseph haben wir in Mosambik kennen gelernt, wo er momentan lebt und arbeitet. Er hat sein Heimatland im letzten Jahr aufgrund der schlechten Auftrags- und Versorgungslage verlassen. Wir sind zusammen nach Zimbabwe gefahren und haben das Harare International Festival of Arts besucht. Fünf Tage Musik, Theater, Tanz und vieles Andere in einer warmen, familiären Atmosphäre und einer mitnehmenden Begeisterung die so wahrscheinlich nur in Zimbabwe zu finden sind.

Wir haben Joseph einige Fragen zu seinem Heimatland gestellt.


Malawi

Schon einige Kilometer vor der Grenze während eines kurzen Zwischenstopps umstellt uns eine Schar von Geldwechslern. Diese Dienstleistung ist in Malawi besonders lohnenswert, da zwei Wechselkurse existieren. Auf der einen Seite der offizielle Kurs, der den malawischen Kwacha bescheiden überbewertet, andererseits der Schwarzmarktkurs der den eigentlichen Gegenwert der Währung eher widerspiegelt. Dies erinnert an vergangene DDR Zeiten. An der Grenze werden wir höflichst und formgewandt abgefertigt und finden uns im nu in Malawi wieder.

Das Städtchen Karonga liegt am Malawisee und erinnert eher an ein nicht enden wollendes Dorf. Eine ehemals asphaltierte Strasse mit einigen Geschäften, Banken, einem Verwaltungs- und einem Gerichtsgebäude bildet das Zentrum. Auf dem Rasen vor dem Gerichtsgebäude sitzen in Handschellen einige Missetäter und warten auf ihre Verhandlung. Im Gebäude selbst findet eine quasi Openairverhandlung statt, da dem Gebäude die Wände fehlen. Einige Passanten verfolgen interessiert den Fortgang und helfen dem Richter bei seiner Entscheidungsfindung mit themenbezogenen Zurufen. Da können sich all die Macher dieser Gerichtssendungen im deutschen Fernsehen noch eine Scheibe abschneiden, eine wirklich konsequente Umsetzung.

Um die Hauptstrasse breiten sich Gehöfte mit angrenzenden Maisfeldern zur Selbstversorgung aus. Kleine Fußpfade stellen das Verkehrsnetz dar. Als wir auf Erkundungstour gedankenlos einem dieser sich dahinschlängelnden Wege folgen, verlieren wir irgendwann die Orientierung. Die Einwohner Malawis haben den Ruf eines der freundlichsten Völker Afrikas zu sein, das können wir auf jeden Fall bestätigen. Wir begegnen vielen Leuten die uns mit einem Lächeln auf den Lippen den Weg weisen und etwas Smalltalk halten wollen. Nach einer ausgedehnten Wanderung im Zick Zack finden wir das Seeufer wieder. Dort herrscht reges Treiben, Fahrräder wie auch Wäsche werden gereinigt, es wird gefischt, gebadet oder der Einbaum überholt. Wir schließen uns dem badenden Volke an.

Auf einem authentischen, am Seeufer gelegen Campingplatz machen wir Halt. Der Manager sitzt gelangweilt unter einem Baum in seinem Sessel und wartet vermutlich darauf, dass die Zeit enden möge. Dieses beachtliche Engagement hat den Campingplatz wohl auch in seinen außergewöhnlichen Zustand versetzt. Wir sind die einzigen Gäste und suchen uns einige Stuhlreste zusammen, um von der noch partiell vorhandenen Terrasse die Aussicht auf den See zu genießen. Am Abend sitzen wir bei Kerzenschein im Restaurant und machen Pläne unseren blinden Passagier Mausi davon zu überzeugen, dass dieser Platz doch wunderbar für sein weiteres Dasein wäre. Der letzte Platz hat ihn nicht überzeugt. Nachdem wir es geschafft hatten, ihn an die frische Luft zu setzen, hat er sich scharfen Zahnes durch Flitzers Weichteile den Weg in sein geliebtes Domizil genagt. Als wir am nächsten Tag mit einer Lebendfalle drohen, ward Mausi nicht mehr gehört noch gesehen, cleveres Kerlchen.

Nkharta Bay liegt eingebetet von Bergen an einer felsigen, steil abfallenden Küste des Malawisees. Hier parken wir vor der Bambushüttenunterkunft Mayoka Village. Diese liegt am Steilufer des Sees und ist mit viel Liebe zum Detail hergerichtet. Man hat eine wunderbare Aussicht über den See, und kann die Welt unter der Wasserlinie mit kostenlosem Schnorchelequipment erkunden. Außerdem kann man sich im Einbaum Fahren versuchen. Was bei den Einheimischen so einfach aussieht, endet bei uns in aller Regel mit einer Wasserlandung. Ehe man sich versieht verliert man in diesen Wassergefährten das Gleichgewicht und nimmt das nächste Bad. Als kleinen Ansporn bekommt man bei erfolgreicher Rundfahrt vom Management ein leckeres Essen in Aussicht gestellt. Nur bleibt es dann auch bei dieser Aussicht.

Hier treffen wir auf andere Reisende. Das muss gefeiert werden! Die Nächte werden sehr lang. Wir haben noch etwas Gin, es gibt reichlich Malawi Gold und Awid haut ordentlich in die Seiten seiner Gitarre. Irgendwann gesellt sich Garry der Inhaber zu uns, feiert mit und spendiert die eine oder andere Whiskyflasche. So landen wir am nächsten Morgen etwas verkatert in der örtlichen Tauchschule, um der vielfältigen Fischwelt näher zu kommen. Der Malawisee ist ca.600 Kilometer lang, bis zu 70 Kilometer breit, und stellenweise 700 Meter tief und für seinen Artenreichtum bekannt. Ein Großteil der uns aus dem Aquarium bekannten kleinen, bunten Fische, stammt aus diesem See. Kate, eine Tauchlehrerin die uns begleiten wird, fängt an uns jeden einzelnen Fisch in einem sehr dicken Buch zu zeigen und seine Besonderheiten zu erläutern. Nach ca. 45 Minuten fragen wir wie viele verschiedene Fischarten es im See den gäbe. Als sie ca. 1000 antwortet überzeugen wir sie schnell davon jetzt zum praktischen Teil überzugehen.

Die Unterwasserwelt gleicht einer Geröllhalde. Große Gesteinsbrocken stapeln sich zu imposanten Formationen auf. Felswände fallen steil in die Dunkelheit ab, es gibt viele Höhlen die man durchtauchen kann, und allerorts schwimmen verschiedenste in dieser Umgebung winzig wirkende Fische umher. Diese können der monströsen, überwiegend grauen Umgebung nicht genug Farbe verleihen, so dass ein eintöniger Eindruck entsteht. Kein Vergleich zum Farbenspiel eines Korallenriffs im Meer. Leider ist auch die Sichtweite wegen des gefallenen Regens nicht die Beste. Wir beobachten einen so genannten Mundbrühter dessen Kinderschar bei Gefahr im Mund des Mutterfisches verschwindet und einen Upsidedownfisch. Dieser schwimmt mit dem Bauch nach oben, sozusagen falsch herum. Doch aus seiner Sicht scheint alles normal, da er unter großen Felsüberhängen lebt. Am Ende haben wir uns mehr versprochen, doch hat diese Unterwasserwelt eine ganz eigene Atmosphäre und allein das Gefühl von Schwerelosigkeit beim Tauchen war lohnenswert genug.

In Nkhata Bay gibt es auffälligerweise Krankenwagen. Diese sieht man des Öfteren durch die Gegend fahren. Allerdings scheinen die Fahrer es nie wirklich eilig zu haben. Am allgemein etwas gemächlicheren, afrikanischen Tempo kann dies eigentlich nicht liegen, da der afrikanische Straßenverkehr in Bezug auf Geschwindigkeit eine konträre Welt darstellt. Im Normalfall wird gerast was das Zeug hält. Wahrscheinlich ein Großversuch anderweitig verlorene Zeit auf den Straßen wieder gut zumachen. Eva arbeitet im örtlichen Krankenhaus. Sie erzählt uns, dass diese Krankenwagen, eine Spende einer ausländischen Hilfsorganisation seien. Sie werden nun etwas zweckentfremdet von den Ärzten privat genutzt, um nach Hause oder zu Freunden zu fahren und private Einkäufe zu erledigen. Möglicherweise hätte die Hilfsorganisation dem Krankenhauspersonal, die Idee Kranke abzuholen etwas ausführlicher erläutern sollen. Traditionell kommen die Kranken soweit möglich selbst zum Krankenhaus oder werden von den Verwandten gebracht. Ein nur scheinbar weiteres Beispiel brillanter Entwicklungshilfe.

Wir hören von einem traditionellen Heiler, der in der Nähe praktiziert und statten ihm einen Besuch ab. Sein Name ist Doktor Phiri. Wir werden freundlich von seiner ganzen Familie empfangen und ins etwas abgedunkelte Behandlungszimmer geführt. In einer Ecke liegen allerlei Wurzeln, getrocknete Blätter und Gefäße auf dem Boden. In der Anderen steht eine große Trommel. Die ansonsten kahlen Wände sind teils mit allerlei Federn, Fellen und Tüchern geschmückt. Irgendwie hat auch eine halbe Deutschlandfahne den Weg an seine Wand gefunden. Leider spricht er kein Englisch. Wir haben aber Glück, da der Patient, der vor uns hoffentlich geheilt wurde, Zeit hat und sich als Übersetzer anbietet. Der Doktor setzt sich eine Fellkappe auf seinen Kopf und nimmt uns gegenüber Platz.

Eva, eine Medizinstudentin, die uns begleitet, befragt ihn nach seinen Behandlungsmethoden und Fähigkeiten. Er zeigt ein ergrautes Zertifikat, welches ihn durch die malawische Heilpflanzengesellschaft als anerkannten Heilpflanzenexperten ausweißt. Auch schulmedizinische Tabletten werden von ihm verabreicht. Er benutzt außerdem Musik zur Heilung und die Bibel als Inspirationsquelle. Er könne dadurch gewisse Dinge, die in der Zukunft des Patienten liegen deuten. Er räumt ein, dass er einige Krankheiten, wie Aids und Krebs nicht behandeln kann und in solchen Fällen die Patienten ins Krankenhaus überweißt. Es gibt auch Fälle in denen das lokale Krankenhaus Patienten an ihn überweißt.

Doktor Phiri nimmt die Bibel zur Hand und versucht in Evas Zukunft zu blicken. Nach einiger Zeit sagt er, dass ihm momentan die Inspiration fehle, er keinen Kontakt herstellen könne und deshalb nichts erkennen kann. Eva solle doch zu diesem Zwecke besser morgen noch einmal vorbeikommen. Seine allgemeine Diagnose lautet: „Besser nicht reisen!“. Auf die Frage welche Musik er zum Heilen benutzt, ist sogleich die ganze Familie am musizieren. Es wird im Takt der Trommel gesungen und getanzt. Er zeigt uns noch seinen Vorrat an Heilpflanzen die er selbst im Wald sammelt und fragt uns ob wir ihm nicht einige Tabletten geben könnten. Wir überreichen ihm eine Packung Kopfschmerztabletten. Nach einer Bezahlung fragt er nicht, auch wir bieten ihm kein Geld an. Später erfahren wir, dass dies wahrscheinlich der Grund für seine Inspirationslosigkeit gewesen wäre.

Am Abend tauchen über dem See merkwürdigerweise große Rauchschwaden auf. Nur was ist dort eigentlich in Flammen aufgegangen? Bis auf Wasser ist weit und breit nichts zu sehen. Ein Einheimischer erklärt uns, dies seien Fliegenschwärme, so genannte Triaden. Wenn der Wind günstig steht, werden diese ans Ufer geweht. Dann werden große Netze aufgespannt, um die Tierchen einzufangen. Aus dem so gewonnenen Fliegenmatsch wird ein Kuchen gebacken. Dieser schmeckt nach Fisch und gilt als Delikatesse.

Zusammen mit Manuel einem Holländer, der uns nach Zimbabwe begleiten möchte, fahren wir in die recht moderne Hauptstadt Malawis Lilongwe. Dort besuchen wir Freunde Manuels. Ndasa und Ashrap gehören zur gehobenen Mittelklasse Malawis und bewohnen mit ihren zwei fidelen Kindern ein gemietetes Grundstück mit Haus. Sie sind noch unverheiratet was in Malawi eher ungewöhnlich ist. Das für eine Heirat notwendige Geld investieren sie in die Bildung ihrer Kinder, die auf eine englischsprachige Privatschule gehen. Sie heißen uns sofort willkommen. Wir fühlen uns wie zu Hause und verbringen einige Tage und lange Abende miteinander.

Beim Zollamt in Lilongwe versuchen wir in Erfahrung zu bringen wie viel Importsteuern wir beim Verkauf unseres Autos in Malawi bezahlen müssten. Wie wir erfahren hängt der Betrag von der Taxierung des Zeitwertes und vom Fahrzeugtyp ab. Unser Minibus wird von den Beamten kurzerhand zu einem Van. Für einen solchen werden im Gegensatz zu einem Minibus extra Luxussteuern fällig. Unsere augenscheinlichen Argumente gegen diese Aufwertung können die Beamten nicht von ihrer eigenen Sicht der Dinge abbringen. Nun gut, aber wie hoch ist nun ihrer Einschätzung nach der Zeitwert unseres „Vans“? Die mittlerweile sichtlich genervten Beamten erklären uns, dass diese Einschätzung erst nach dem Verkauf vorgenommen werden könne. Ohne diese Einschätzung sind wir also genauso schlau wie vorher und wissen nicht, ob die Steuern am Ende den Verkaufspreis übersteigen. Als wir ihnen dies zum wiederholten Male zu erläutern suchen, werden wir ziemlich barsch des Büros verwiesen. Später erklärt uns Ashrap, dass die Beamten prozentual an den von ihnen eingenommenen Steuern beteiligt werden und sie daher teilweise sehr fragwürdige Wertvorstellungen von Fahrzeugen haben. Soweit also zum ersten Kontakt mit der afrikanischen Bürokratie.

Auf den ersten Kilometern im Kivu Nationalpark bleiben wir hoffnungslos im Schlamm stecken. Auch die spontane Hilfe einiger Einheimischer bleibt erfolglos. Glücklicherweise gibt es in der Nähe einen alten Traktor, der uns durch den gröbsten Schlamm befördert. Wir sind hergekommen, um Giraffen zu beobachten. Der Wildhüter Joe berichtet uns, dass dies nicht so einfach wäre, da es im Park nur zwei Giraffen gäbe. Das berechtigt gerade die Verwendung des Plurals im Werbeprospekt des Parks. Aufgrund der Regenzeit stehen zudem viele Wege unter Wasser und sind damit unpassierbar. Das Gras ist teilweise mehrere Meter hoch. Nicht die besten Voraussetzungen um eine dieser Grazien zu entdecken. Auf unseren Wanderungen erscheint der Park bis auf die üppige Fauna eher ausgestorben. Bis auf einige Zebras, die am Morgen neben unserem Zelt grasen, ist kein anderes Tier zu entdecken.

Auf dem Weg zum Monkey Bay an der Südspitze des Malawisees sammeln wir Nick ein. Wir hatten ihn in Nkhata Bay kennen gelernt. Er ist Engländer und möchte uns wie auch Manuel nach Zimbabwe begleiten. Gleich auf den ersten Kilometern bekommt er einen Eindruck davon auf was er sich eingelassen hat. Mittlerweile sind wir inmitten der Regenzeit angekommen und man hat manchmal den Eindruck, es würde auch von unten regnen. Wir bleiben, wer hätte das gedacht, mal wieder im Schlamm stecken. Nach zwei Stunden im Modder Wühlen, sehen wir alle etwas verändert aus. Die Reise kann aber weiter gehen. Für Nick barfuss, ein Einheimischer hat uns geholfen und er übergibt ihm als Dankeschön seine Sandalen.

Eine am See geplante Party mit internationalen DJs fällt so ziemlich ins Wasser. Als wir dort ankommen, kämpfen die Veranstalter gerade mit den Wassermassen und versuchen die Anlage ins Trockene zu retten. Am Abend lässt der Regen dann etwas nach aber es kommen nur etwa ein Drittel der erhofften Gäste, um im seichten Regen am Strand zu tanzen. Wir verbringen den Abend größtenteils zusammen mit einigen Amerikanern im Trockenen auf unserem Campingplatz. Sie sind für ein Jahr nach Malawi gekommen um ein Medikament für unterernährte Kinder zu entwickeln, eine Art proteinreicher Energiedrink. Das Stroh gedeckte Dach, unter dem wir uns gerade noch unterhalten haben, hat sich am Morgen so mit Wasser voll gesogen, dass es unter großem Lärm einstürzt. Glücklicherweise befindet sich gerade keine Menschenseele darunter.

Die Strasse nach Blantyre, der zweitgrößten Stadt Malawis, steht teilweise unter Wasser. Wir werden von einer Schar geschäftstüchtiger Kinder angehalten. Sie sind dabei, die größten Löcher mit Erde zu füllen und bessern sich damit bei den vorbeikommenden Fahrzeugen ihr Taschengeld auf. Einige Kilometer weiter verschwindet die Strasse in einem hurtig dahin fließendem Fluss. Einige Einheimische bieten ihre Dienste als Fahrzeugweiser durchs unbekannte Gewässer an. Sie erklären uns, dass unterm Wasser eine Brücke wäre. Diese sei aber teilweise den Fluten zum Opfer gefallen. Sie positionieren sich wie Bojen einer Schifffahrtsstrasse im bauchtiefen Wasser und bedeuten uns loszufahren. Bevor wir dies tun durchschreiten wir selbst noch mal das Gewässer. Sicher ist sicher!

Kurz darauf versacken wir erneut auf einsamer Nebenstrecke im nassen Erdreich. Irgendwann ist ein Rad komplett verschwunden und wir sehen ein, dass ohne fremde Hilfe nichts zu machen ist. Inzwischen ist es tiefe Nacht und soweit das Auge reicht Natur, leider nur unter Wasser stehende Maisfelder. So schlagen wir das Zelt auf der Strasse auf, hoffen weithin sichtbar zu sein und träumen vom Ende des großen Regens. Am nächsten Morgen werden wir von interessierten Einheimischen geweckt. Es haben sich um die zwanzig Leute versammelt. Sie sind sofort voller Enthusiasmus dabei Flitzer aus dem Schlamm zu heben. Mit vereinten Kräften bekommen wir Flitzer tatsächlich Stück für Stück angehoben. Nur steht das Auto nun auf untergeschobenen Steinen und zwei Räder hängen in der Luft. War zumindest einen Versuch wert. Die Einheimischen meinen, dass hier eigentlich so gut wie nie ein Auto langkommen würde. So wandern, nach einigen Stunden weiterer erfolgloser Kraftakte, Manuel und Nick los, um motorisierte Hilfe von der nächstgelegenen Hauptstrasse zu holen. Damit sind wir dann auch schnell aus dem Schlamassel.

Als wir dem zwischenzeitlich zahlenmäßig noch angewachsenen Helfertrupp einen Fußball schenken ist die Freude groß, doch schon nach kurzer Zeit entbrennt eine heftige Diskussion darüber wem den nun der Fußball gehören soll. Da sich die Leute nicht einig werden, verlangen sie von uns mehr Fußbälle oder andere Dinge. Glücklicherweise kommt der Bürgermeister vorbeigeradelt und schlichtet die Sache. Wir hinterlassen ein großes neues Schlagloch, dies interessiert jedoch niemanden obwohl der Bürgermeister anmerkt, dass die Strasse erst im letzten Jahr fertig gestellt wurde.

Auch wenn die letzten Absätze einen anderen Eindruck vermitteln sind die Straßenverhältnisse in Malawi größtenteils gut. Die Regenzeit ist jedoch in diesem Jahr besonders stark ausgefallen. Wir haben nur eine Idee davon bekommen, wie schnell die Infrastruktur durch große Niederschläge in Mitleidenschaft gezogen werden kann. In tiefer gelegenen Gegenden haben die Einwohner ihre Ernte oder schlimmstenfalls ihr Heim verloren. Zur Jahrtausendwende gab es im östlichen Afrika so starke Regenfälle, dass ein Großteil der Strassen weggespült wurde.
Neben diesen Hürden auf unserem Weg haben wir viele interessante Begegnungen und unglaublich schöne Landschaften um uns.


In Blantyre dem modernen Finanzzentrum Malawis versuchen wir Bargeld für unsere geplante Zimbabwereise zu tauschen. In Zimbabwe ist im letzten Jahr aufgrund der Hyperinflation das Finanzsystem zusammengebrochen und die zimbabwische Währung hat aufgehört zu existieren. Auf dem Schwarzmarkt sind die Umtauschkurse etwas besser. Als wir allerdings beim ersten Versuch recht gut gefälschte Dollarnoten angeboten bekommen, wenden wir uns den etwas vertrauenswürdigeren Wechselstuben zu. Nebenbei finden wir den Weg in ein äthiopisches Restaurant. Alte Erinnerungen werden wach und wir bekommen einen ganz neuen positiven Geschmack von äthiopischer Küche. Überraschenderweise gibt es in Blantyre eine Touristeninformation. Nur rechnen die Angestellten anscheinend nicht mit Kundschaft und können uns auf unsere Fragen nur sehr wage Antworten im Still von „kann sein aber könnte auch nicht sein“ geben. So verlassen wir die Informationsstelle nicht viel informierter.

Die Mulanje Mountains die für diesiges Wetter und Regen bekannt sind empfangen uns mit Sonnenschein. Dieses Gebirge auch „Insel über den Wolken“ genannt, ragt inmitten des ebenen Hochlandes auf. Aus diesem steigt es fast senkrecht auf und wird von vielen über 1000 Meter hohen steil abfallenden Felswänden begrenzt. Im Gebirge liegen grüne Täler durchzogen von Flüssen die oftmals in spektakulären Wasserfällen in die Tiefe stürzen. Mangels Kartenmaterials und einigen Geschichten von verschwundenen Bergfreunden entscheiden wir uns, nach langen Überlegungen, einen Guide mit auf unsere Wanderung zu nehmen.

Auf dem Skyline Pfad, der über 1000 Höhenmeter steil bergauf führt, erreichen wir rechtschaffen erschöpft das Chambe Tal. Auffallend die vielen verkohlten Baumstümpfe im Tal. Robert unser Guide erzählt, wie Wilderer den Wald in Brand gesetzt haben, um die Tiere daraus zu vertreiben und leichteres Spiel mit ihnen zu haben. Das hat die Behörden auf den Plan gerufen. Die Naturschänder wurden ausfindig gemacht und sitzen nun in einer Zelle. Als die Sonne in einem in Rot gehaltenen Traum verschwunden ist, wird es empfindlich kalt und wir verziehen uns in die Berghütte.

Ein Bad im eiskalten Fluss weckt am nächsten Morgen unsere Lebensgeister. Wir durchwandern grüne Täler und haben Kilometer weite Ausblicke auf das umliegende Hochland. Tags darauf erklimmen wir begleitet von fetten Rockrabbits den über den Wolken liegenden höchsten Gipfel „Sapitwa“. Das heißt so viel wie „Gehe nicht dorthin!“. Die Einheimischen glauben dort würde ein Geist leben, der die Seelen ihrer Ahnen beherbergt. Robert bietet dem Spirit einige Opfergaben dar und hält ein kurzes Gebet. Der Geist erscheint kurz darauf in Erscheinung zweier Vögel und verzehrt die Opfergaben. Ein unter einem Wasserfall gelegenes Bassin lädt während des Abstieges zum Bade ein.

Der Weg zum Majete Nationalpark führt uns in Serpentinen aus dem Hochland hinab in die Tiefebene. Ade abendliche Kühle, es ist heiß und schwül. Der Nationalpark, knapp 700 Quadratkilometer größtenteils dichter Wald, wird von Nilpferden, Elefanten, Wasserbüffeln, Nasshörnern, Antilopen und vielen anderen Tieren bewohnt. Wir sind die einzigen Gäste und die Eintrittspreise sehr moderat. Der Fluss Shire stürzt hier an den Kaprichasa Wasserfällen tosend in die Tiefe. Livingston einer der ersten europäischen Abenteurer und Missionare in Afrika scheiterte beim Versuch sie zu überqueren. Wir versuchen es erst gar nicht. Wir klettern auf den felsigen Ausläufern herum, um diesem Naturschauspiel näher zu kommen. Die Luft ist voll von Sprühnebel und angenehm kühl. Die Felsen am Rand sind von kleinern Wasserläufen durchzogen. In einem der vielen Bassins zwischen den Felsen nehmen wir ein Bad. Bis wir feststellen, dass die Strömung zunimmt und der Wasserpegel zu steigen beginnt. Die Felsen über die wir gekommen sind beginnen im Wasser zu versinken. Bevor sich alles in einen reißenden Fluss verwandelt erreichen wir das Ufer. Später erfahren wir, dass sich flussaufwärts ein Wasserkraftwerk befindet und dieses hin und wieder seine Schleusen öffnet.

Auf unserer ersten Entdeckungstour durch den Park sind wir etwas enttäuscht keinem Elefanten zu begegnen. Als wir einen Fluss durchqueren schafft es Flitzer nicht, den steilen Uferanstieg hinauf zufahren. Beim dritten Anlauf sitzt Guido zwecks Gewichtserleichterung allein im Auto. Mit Anlauf im ersten Gang und viel Getöse ist wieder nichts zu machen. Auf halben Anstieg bleibt der Wagen stehen. Plötzlich ist die Umgebung von einem lauten Elefanten trompeten erfüllt. Unser Lärm und unsere Anwesenheit passen diesem großen Gesellen ganz offenbar nicht in sein Abendprogramm. Er rennt erhobenen Rüssels und flatternden Ohres auf Flitzer zu. Guido sitzt in einer Mischung aus Überraschung und Schrecken versteinert hinter dem Steuer und harrt der Dinge die da kommen mögen. Nick, Manuel und Hetai versuchen sich zeitgleich schnellstmöglich ins Wageninnere zu retten. Glücklicherweise ist dieser Dickhäuter ein friedliebender Zeitgenosse, bleibt nach kurzem Lauf stehen und verschwindet im Wald. Flitzer wäre bei einem Zusammenstoß und dieser Schräglage wahrscheinlich fidel den Berg hinabgepurzelt, eine erste intensive Begegnung.

Ein Wildhüter erklärt uns später altweise wie man sich in solchen Situationen verhalten sollte. Sein Rezept: stehen bleiben und in die Hände klatschen. Warum sind wir darauf nicht selbst gekommen? Am nächsten Morgen sind wir früh auf den Beinen um von einer Anhöhe den Sonnenaufgang zu beobachten. Leider ist es bewölkt und von der Sonne als auch von den Tieren ist nicht viel zu sehen. So entscheiden wir uns eine Wanderung durch den Park zu unternehmen. Wir begegnen allerlei Tieren die beim näher kommen das Weite suchen. Irgendwann entdecken wir einige Elefanten die gemächlich ihr Frühstück verspeisen. Erst lassen sie sich nicht von uns stören, bis ein Bulle uns zeigt wer hier zu Hause ist. Er macht nur einige schnelle Schritte auf uns zu. Das mit dem entspannt stehen bleiben und in die Hände klatschen haben wir schnell vergessen und suchen schnellstmöglich das Weite. Kurz darauf begegnen wir einem märchenhaften Bild. Ein afrikanischer Hirsch steht inmitten eines Wasserlochs. Das Wasser ist von einem grünen Pflanzenteppich überzogen und der Körper des Tieres mit seinem ausladenden Geweih ragt aus diesem hervor.