10. November 2008

Uganda


Wir sind wieder mal zu spät am Grenzübergang und stehen im Niemandsland vor verschlossenem Tor. Glücklicherweise macht der nette Beamte vom kenianischen Grenzbüro eine Ausnahme und wir dürfen Flitzer vor seinem Büro parken und dort übernachten. Am frühen Morgen werden wir vom Klopfen der Geldwechsler geweckt. Sie haben sich in Erwartung eines Geschäfts um unseren Bus versammelt und warten nun darauf, dass wir endlich aufstehen. Nach morgendlichem Zähneputzen zwischen Geldhändlern und Grenzbeamten erledigen wir die Einreiseformalitäten und dürfen ohne jede Gepäckkontrolle passieren.

Unser Weg entlang der Küste des Viktoriasees führt uns nach Jinja, mit ca. 100.000 Einwohnern ist sie die zweitgrößte Stadt Ugandas und wurde 1901 als Handelsposten gegründet. Hier entspringt der weiße Nil dem Victoriasee. Ganz in der Nähe dieser „Quelle des Nil´s“, auch wenn damit über 1.000 Kilometer Flusslauf unterschlagen werden, liegt der Owen Falls Damm. Er ist für nahezu die gesamte Stromversorgung in Uganda und in Teilen Kenias verantwortlich. Außerdem steht dort eine Mahatma Gandhi Statur, die daran erinnert, dass hier ein Teil seiner Asche in den Nil gestreut wurde. Auf der Suche nach dieser Statur kann bloß niemand mit dem Namen Gandhi etwas anfangen. Erst als wir einen der hier lebenden Inder fragen, bekommen wir freundlichst Auskunft.

Obwohl der frühere ugandische Machthaber Idi Amin, auch als „Schlächter Afrikas“ betitelt, 1972 alle Asiaten im Rahmen einer Afrikanisierungskampagne des Landes verwies und ausländische Unternehmen enteignete, leben heutzutage wieder viele Asiaten, insbesondere Inder, in Uganda. Sie sind zumeist wohlhabende Geschäftsleute und haben viel Einfluss auf die Wirtschaft des Landes.

Einige Kilometer stromab liegen die Bujagali Falls. Eigentlich eine sich über mehr als sechs Kilometer erstreckende Folge von Stromschnellen und aufgrund ihrer Schönheit und der Raftingmöglichkeiten eine der touristischen Attraktionen Ugandas. Etwas oberhalb der ersten Stromschnellen schlagen wir unser Lager auf. Kurze Zeit darauf sitzen wir respektvoll, staunend am Ufer der ersten tosenden Stromschnelle und fragen uns wie es wohl möglich ist dort unbeschadet mit einem Boot hindurch zufahren und inwiefern dies eine gute Idee wäre.

Am Abend machen wir einen Inder ausfindig der uns als Manager der Rafting Gruppe mit dem klangvollen Namen „Equatorrafting“ ein unwiderstehliches Angebot offeriert. Er bietet uns für nicht einmal die Hälfte des üblichen Preises eine Raftingtour an. Einzige Bedingung: wir müssen mindestens zu viert sein. Wir sind zwar nur drei aber haben keinerlei Zweifel daran noch den einen oder die andere mit in unser Boot zu bekommen. Weit gefehlt! Trotz des unschlagbaren Preises haben alle schon anderweitig vorgebucht, Sicherheitsbedenken, überhaupt keine Lust oder gar kein Geld. So verbringen wir sechs Tage mit der Suche nach Gleichgesinnten. Auf den Straßen in Jinja kommt sich Guido beim Ansprechen von potenziellen Mitpaddlern zwischenzeitlich wie ein Praktikant zum Reiseverkehrskaufmann vor.

So lernen wir die Israelin Dana kennen. Sie hat zwar keine Lust auf eine Bootsfahrt aber gerade beim Versuch ein Fahrrad zu erstehen ihre Visakarte und die ihrer zwei Mitreisenden Freunde verloren. Drei auf einen Streich das klingt nach Murphys Law. Sie ist verständlicherweise ziemlich aufgelöst. Die drei haben sich im Nachbardorf ein kleines Häuschen gemietet und sind gerade dabei zusammen mit einem Bootsbaumeister ein traditionelles, offenes Segelboot zu bauen. Darauf wollen sie dann wohnen und die Küste des Victoriasee´s entlang segeln. Wie sie erzählt hat sich der Fertigstellungstermin des Bootes schon mehrfach nach hinten verschoben. Mal muss ihr Bootsbaumeister eine dringende Reparatur durchführen, dann findet ein Dorffest statt oder er hat etwas Familiäres zu erledigen. Nun wird sich die Schiffstaufe aufgrund von Geldmangel wohl noch etwas mehr verzögern. Wir bringen Dana mit Flitzer nach Hause. Als wir das abgelegene Dorf erreichen werden wir von einem Kinderchor empfangen. Sie singen, rennen und tanzen um uns herum und begleiten uns auf Schritt und Tritt. Was für ein Emfangskomitee!

Auf unserer Fahrt durch die dörfliche Idylle kommen wir an einem Gefängnis vorbei. Die Häftlinge sind alle samt gelb gekleidet. Wir sehen auch einige von ihnen auf den umliegenden Feldern arbeiten. Wie wir später erfahren zahlen Farmbesitzer bis zum fünffachen Lohn eines normalen Arbeiters für einen Sträfling der auf ihren Feldern arbeitet. Ein Einheimischer erklärt uns: „Diese könne man auch schon mal vor einen Pflug spannen und sie würden wenigstens rund um die Uhr arbeiten.“ Von dem Geld bekämen die Häftlinge natürlich nichts zu sehen vielmehr würde dieser Arbeitseinsatz zu ihrer gerechten Bestraffung gehören.

Auf der Suche nach einer geeigneten Badestelle im Nil lernen wir den sechzehnjährigen Vincent kennen. Er wohnt mit seiner Familie ganz in der Nähe in einer Strohhütte. Da er gerade Ferien hat entschließt er sich uns zu begleiten und führt uns zu seiner Badestelle Nummer eins. Dort sind schon viele andere Einheimische am Baden. Gleichzeitig wird diese Gelegenheit von den meisten zur Körperhygiene genutzt und wenn man schon mal dabei ist werden auch gleich die Klamotten mitgewaschen. Das felsige Ufer eignet sich wunderbar als Sprungturm und das Schwimmen wird auch nicht langweilig. Da die nächste Stromschnelle nicht weit entfernt ist gilt es die verschiedensten Strömungen nicht unbeachtet zu lassen. Am Ende sehen wir dem Sonnenuntergang über dem Nil zu und sind gut geschafft.

Nun ist es endlich soweit. Der Inder hat höchsteigen zwei weitere Mitfahrer von seinem Angebot überzeugt und unsere Bootsfahrt kann beginnen. Beim Anlegen der Sicherheitsmontur sind bei Guido sowohl die Schwimmweste als auch der Helm unbrauchbar, aber alles kein Problem es wird schnell für Ersatz gesorgt. Nachdem wir abgelegt haben bleiben wir vorerst in ruhigem Fahrwasser. Wir machen einige Kenterübungen und lernen die Raftingsprache ( nur einige leichtverständliche Worte) kennen. Auf diese Weise bestens ausgebildet starten wir in Richtung der ersten Stromschnelle. Wir werden zur Sicherheit von einem zweiten Boot und zwei Kajakfahrern begleitet.

Langsam nimmt das Grollen des Wassers an Lautstärke zu und ein tosender Abgrund kommt in Sicht. Damit macht die freudige Erwartung der Frage nach dem „warum?“ Platz. Ein bisschen Spaß muss halt auch mal sein! Alle Überlegungen in diese oder eine andere Richtung werden beim erreichen der Stromstelle je beendet. Das Boot wird von den Naturgewalten aus dem Wasser durch die Luft und zurückgeschleudert. Zeitweise steht es senkrecht in der Luft und Hetai als auch die beiden dazugekommenen Mitstreiter nehmen eine andere Flugbahn als unser Boot und landen in hohem Bogen in den Fluten. Als sich das ganze augenblicklich wiederholt schwebt Olli zeitweise über Guido, unser Bootsführer verschwindet ebenfalls im wilden Nass und ein Paddel ist gebrochen. So muss sich ein wilder Rodeoritt anfühlen. Als sich alles wieder beruhigt sitzen nur noch Olli und Guido im Boot. Die anderen kommen nach und nach wieder zum Vorschein und werden sogleich ins Boot gezogen. Sie haben gerade eine Achterbahnfahrt der besonderen Art hinter sich und es braucht einige Zeit bis ihr Adrenalinspiegel wieder auf Normalniveau ist. Die Zeit haben wir auch da der Fluss nun glücklicherweise wiederum friedlich vor uns liegt. Bis zu den nächsten Stromschnellen die sich jeweils schon aus der Ferne ankündigen und an denen sich ähnliches abspielt bleibt Zeit zu verschnaufen, in die Sonne zu blinzeln oder ein freiwilliges Bad zu nehmen. Nach ca. sechs Stunden sind wir gut durchgeschüttelt am Ziel, um verhältnismäßig viel Geld ärmer aber um ein unvergessliches Erlebnis reicher.

In der Hauptstadt Ugandas, Kampala, was so viel heißt wie „Hügel der Antilopen“, begegnen wir nicht einem einzigen dieser graziösen Tiere. Vielmehr finden wir uns in einem anscheinend nicht auflösbarem Verkehrschaos wieder. Autos, Fahrräder, Menschen, Tiere, Transportkarren und ähnliches bilden ein die engen Strassen verstopfendes zähflüssiges Konglomerat. Da es für Taxis einfach keinen Platz gibt, übernehmen Motorräder die individuelle Personenbeförderung, vor deren Benutzung allerdings allenthalben gewarnt wird. Während einer Fahrt mit einem dieser „Boda Bodas“ ist man dann auch als Mitfahrender aktiv ins Fahrgeschehen eingebunden. Da es anscheinend keine vorbestimmten Verkehrsregeln gibt, wird ständig versucht, diese während der Fahrt mit den anderen Verkehrsteilnehmern auszuhandeln. Dazu gehört auch die Spurrichtung. Dies klappt nicht immer, dann gilt es zu drängeln, zu schieben und sich bestenfalls abzustützen.

Wir erkunden die sich über verschiedene Hügel erstreckende Stadt vorwiegend zu Fuß. Davon, dass auch in Kampala viele Inder beheimatet sind, zeugt ein weithin sichtbarer hinduistischer Tempel, dem wir einen Besuch abstatten. Während eines Imbisses in einem kleinen Restaurant sind wir dort die einzigen Gäste. Salz und Tee sind in der Küche nicht vorhanden und müssen erst vom Markt organisiert werden. Während dessen erzählt uns der stolze Besitzer, wie wichtig ein Fernsehgerät doch wäre, dann würden die Gäste in Scharen einkehren. Das Verkehrsgedränge lichtet sich, als wir die Außenbezirke durchwandern. Hier wohnt die Oberschicht, auch liegt hier die „Garden City“, eine große Einkaufspassage nach westlichem Vorbild mit Supermarkt, Luxusläden, Kasino, Disko, Kino….

Wir kommen auf einem Campingplatz am Stadtrand unter. Dort wohnen auch viele andere Ausländer. Bei abendlichem Bier mit Grillfleisch kommt man ins Gespräch. Der Australier David verkauft sich als Söldner und arbeitet im Kongo. Wie er erzählt, führt seine Einheit Sicherungsaufgaben durch. Näher will er dies anscheinend nicht erläutern, da er auf diesbezügliche Fragen mit Schweigsamkeit und spontanen Kopfschmerzen reagiert. Er hat sich kürzlich von seinem Soll eine Luxusvilla in Kampala gekauft. Dort will er zusammen mit der sehr naiv daherredenden Friedensforscherin, deren Namen wir alle vergessen haben, einziehen. Da zeigt sich mal wieder, Gegensätze ziehen sich an oder vielleicht hat das auch etwas mit ihrem Forscherinnendrang zu tun.

Der deutsche Student Sebastian macht eine Feldforschung zum Thema „Soziale Auswirkungen von Durchfallerkrankungen auf die familiären Strukturen und deren Behandlung“. Der Holländer Roger arbeitet gerade an einem Buch über die LRA „Lord´s Resistance Army“. Diese paramilitärische Gruppe kämpft für die Errichtung eines Gottesstaates auf Grundlage der zehn Gebote. Dieser Kampf findet vornehmlich auf Kosten der Zivilbevölkerung statt, es wird geplündert, gemordet und Kinder werden aus ihren Heimatdörfern entführt, um sie zu Soldaten oder Sexsklaven zu machen. Roger beschreibt uns unglaublich grausame Einzelheiten. Regina arbeitet wiederum in der NGO „Rigth to play“, die sich um die soziale Wiedereingliederung entflohener oder befreiter Kindersoldaten kümmert. Der Brazilianer Junior hat sich gerade ein Motorrad gekauft und will damit nach Europa fahren. Wir wünschen ihm eine gute Reise.

Mit Juri und Gari, zwei Gartenbaustudenten aus Deutschland, setzen wir unsere Reise in Richtung Fort Portal fort. Die Vegetation wird zunehmend üppiger und die Landschaft hügliger. Dort besuchen wir Pastor Bosco. Er lebt zusammen mit seiner Frau und ca. 150 Aidswaisen in einem selbst organisierten Waisenhaus ( http://www.nukurubaorphans.org ). Um dies zu finanzieren, betreibt er ganz nebenbei einen Campingplatz. Dieser ist sehr malerisch an einem der in dieser Gegend zahlreichen Kraterseen gelegen. Nach einem erfrischenden Bad genießen wir die Ruhe des Sees. Kein Laut dringt aus der Umgebung bis an den Grund des Vulkankraters vor, aber jedes gesprochene Wort ist deutlich über den ganzen See zu verstehen.

Während einer Wanderung durch die Umgebung vorbei an drei anderen Seen erzählt uns ein Einheimischer von den eigentlichen Ureinwohnern Ugandas, den zurückgedrängt in den nahe liegenden Bergen lebenden Pygmäen. Er schwärmt besonders von den in Liebesdingen sehr freigiebigen Frauen. Auch ist er überzeugt und begeistert davon, dass es unter ihnen kein AIDS geben würde. Obwohl Uganda als eines der Musterländer Afrikas in der Aidsbekämpfung gilt, wagen wir dies zu bezweifeln. Guido hätte gern einen Abstecher zu diesen Menschen unternommen. Nur ist Olli nicht von zweihundert Kilometern Piste an einem Tag durch die Berge begeistert. Hetai hat Einwände, da es in dieser Gegend vor kurzem eine Ebolaepedemie gab.

Kurz darauf erregt ein Menschenauflauf unsere Aufmerksamkeit. Etwa zwanzig Leute tanzen erregt mit Steinen und Macheten bewaffnet um einen Steinhaufen, der gerade umgegraben wird. Wie man uns erzählt, hat sich eine schwarze Cobra in seinen Schutz geflüchtet und diese gelte es prophylaktisch zu töten. Als der Steinhaufen nahezu einmal umgestapelt ist und der Schlange kein Schlupfwinkel mehr bleibt, entschließt sie sich zur Flucht nach vorn und schnellt mit breitem Kopf und Drohgebärden hervor. Sofort geht ein Hagel von Steinen auf sie hernieder und kurze Zeit später nach einem beherzten Machetenhieb windet sie sich kopflos am Boden. Der Kopf mit seinen spitzen Zähnen schnappt noch eine gute Weile körperlos nach vermeintlichen Feinden.

Am nächsten Tag lädt uns der Pastor zu einer Dschungeltour mit einem seiner Freunde ein. Er will Fotos von den dort lebenden Schimpansen machen. Sein Freund Faros ist der Besitzer eines wunderschönen Anwesens von ca. 1000 Hektar. Dazu gehören ein großes Primärwaldgebiet, Felder und drei Seen. Zusammen mit ihm und einem Pflanzenexperten unternehmen wir eine Wanderung durch den Wald. Der Pflanzenexperte ist mit Herz und Seele bei der Sache und weiß zu jeder Pflanze gute zehn Minuten lang etwas zu berichten. Mit Juri und Gari hat er eine begeisterte Zuhörerschaft an seiner Seite. So kommen wir nur sehr, sehr langsam voran. Als einige rote Ameisen den Weg in Guidos Hosenbein finden und er anfängt zu tanzen, ist sein lapidarer Kommentar „You will do a striptaese“. Leider beginnt es zu regnen, worauf sich die Schimpansen ins dichte Blätterwerk verkriechen und wir sie nicht zu sehen bekommen. Wir werden von Faros zu einem üppigen afrikanischen Mehrgängemenü eingeladen währenddessen er uns seine Pläne erläutert. Er würde gerne ein großes Hospital oder eine Universität bauen. Land gibt es ja zur Genüge nur fehlt es noch an Investoren. Also falls jemand Interesse hat, einfach bei Pastor Bosco melden.

Am Abend findet auf dem Campingplatz eine Feier mit den Waisenkindern statt, zu der sich nach und nach fast die gesamte Dorfjugend einfindet. Mit einem Generator wird Strom erzeugt und ein DJ übertönt diesen mit afrikanischen Rhythmen. Schnell sind selbst die Kleinsten am Hüften schwingen. Am Morgen verabschieden wir uns von Pater Bosco und lassen ihm noch einige unserer Schulhefte, Spielsachen und Fußbälle da. Auf unserem Weg zum Queen Elizabeth Nationalpark liegt die Farm eines Deutschen, auf der Gari Recherchen für seine anstehende Diplomarbeit durchführen will. Als wir Gari und Juri dort absetzen, staunen wir über den „Fortschritt ZT-300“ am Feldrand, ein in der DDR gebauter Traktor. Wie ist der bloß hier her gekommen? Der Farmbesitzer hat ihn aus Deutschland nach Mombasa verschifft und ist von dort aus die gut 1500 Kilometer durch Kenia und Uganda auf seine Farm gefahren, geländegängig ist er ja.

Leider lassen uns die erst gestern geflickten Reifen schon wieder im Stich. Eigentlich kein Wunder, wenn man bedenkt, unter welchen Umständen dies geschah. Bei ordentlichem Regen mitten im Schlamm, von dem eine gute Portion in unseren Reifen landete. Glücklicherweise scheint heute die Sonne und wir finden eine besser ausgerüstete Werkstatt. Hoffend auf die Redewendung „Gut Ding braucht Weile“ bringen wir einen halben Tag damit zu, den Schlamm wieder aus den Reifen zu holen und sie erneut zu flicken.

Am späten Abend erreichen wir das Haupttor, zum am Lake Eduard gelegenen Queen Elisebeth Nationalpark, den wir besuchen wollen. Hier leben Nilpferde, Elefanten, Wasserbüffel, Krokodile, viele Wasservögel, einige Raubkatzen und viele andere Tierarten. Da das Eingangstor schon geschlossen ist, entscheiden wir uns davor zu nächtigen. Nach kurzer Zeit klopft es an unserer Scheibe. Eine Angestellte des Parks erkundigt sich nach unseren Plänen und überreicht uns eine umfangreiche Preisliste. Auf dieser sind verschiedene zu bezahlende Positionen aufgeführt. Man braucht einen persönlichen Führer, das Auto ist extra zu bezahlen usw. am Ende kommt eine ordentliche Summe für einen Besuch zusammen. Damit haben wir nicht ganz gerechnet. Wir sind uns nicht einig, ob wir diese Summe ausgeben sollten. Olli ist dafür den Park zu besuchen, Hetai weiß nicht so recht und Guido ist es einfach zu teuer. So diskutieren wir lange darüber, was wir am nächsten Tag unternehmen sollten.

Irgendwann hören wir aus der Dunkelheit des angrenzenden Waldes lautstarkes Ästeknacken. Die Parkangestellte klärt uns auf und meint, dort wären Elefanten unterwegs. Die Geräusche kommen langsam näher und kurze Zeit später trottet eine Elefantenfamilie auf der Straße an uns vorüber. Die Parkangestellte erzählt uns, dass hier überall Tiere unterwegs sind. Daraufhin versucht Guido, Olli davon zu überzeugen, dass man die Tiere auch einfach so in der Umgebung beobachten könnte. Nach einer weiteren Stunde kommt ein anderer mittlerweile etwas gereizter Parkangestellter zu uns und meint, wir könnten dort nicht die ganze Nacht verbringen und sollten zur nächsten Lodge fahren. Diese ist nur ca. zwei Kilometer entfernt und am Morgen sollen wir wiederkommen. Nachdem wir festgestellt haben, dass mal wieder ein Reifen platt ist und wir diesen gewechselt haben, kommen wir seiner Aufforderung gerne nach. Aber auch das Tor der Lodge ist fest verschlossen und keine Menschenseele zu entdecken. So verbringen wir die Nacht vor der Lodge und wie wir später feststellen auf dem sogenannten Nilpferdhügel zwischen grasenden Hippos.

Am nächsten Morgen erscheinen einige Lodgeangestellte an unserem Bus, entschuldigen sich für die nächtliche Abwesenheit und laden uns auf einen Besuch ein. Da auch hier eine etwas untypische Preisstruktur herrscht, lehnen wir dankend ab und sind eher froh darüber,die Nacht nicht dort verbracht zu haben. Olli ist nach einigem hin und her nun auch dafür die Gegend doch erst einmal zu Fuß, quasi heimlich, zu erkunden. Nach einem Frühstück im nächsten Dorf entdecken wir nicht weit entfernt, am Ufer des Lake Eduards eine Horde Nilpferde. Wir sind schon im eigentlichen Nationalpark, aber haben am Haupttor noch nicht bezahlt, dürfen also eigentlich gar nicht dort sein. Wohin also mit unserem auffälligen Flitzer? Wir parken ihn fast wie offiziell neben einer kleinen Beobachtungsstation der ugandischen Uni. Dort bereiten gerade einige Studenten ihre Semesterabschlussfeier vor, die am Nachmittag stattfinden soll. Nachdem wir ausgiebig die planschenden Hippos beobachtet haben, kommen wir mit den Studenten ins Gespräch und erfahren, wo sich in der Nähe Elefanten und andere Tiere herumtreiben, aber auch, dass es zu Fuß gefährlich wäre, sich ihnen zu nähern. Am Abend zuvor sahen die Elefanten recht friedlich aus und neugierig sind wir auch, also tasten wir uns langsam in die entsprechende Richtung vor. Nach einiger Zeit finden wir uns mitten verschiedenster Tiere und entsprechenden Geräuschen wieder. Hier springen Krokodile ins Wasser, dort beäugt uns ein Wasserbüffel, Antilopen springen vorüber und ein Hippo stellt uns interessiert nach. Doch weit und breit keine Elefanten. Alles sehr spannend, aber auch mit einem unterschwellig mulmigen Gefühl, setzen wir unsere Wanderung in die Tierwelt fort. Und siehe da, in einiger Entfernung entdecken wir eine Sippschaft Elefanten beim mittäglichem Bade. Leider stehen zwei Wasserbüffel, die uns misstrauisch beäugen und mit denen wir keine nähere Bekanntschaft wünschen, zwischen uns und den Elefanten. So beobachten wir die Elefanten aus einiger Entfernung. Sie genießen sichtlich das kühle Nass, wobei zwei von Ihnen so lethargisch ohne jede Bewegung am Ufer stehen, dass wir an ihrer Echtheit zweifeln. Als wir nach unserer Wanderung wieder bei Flitzer ankommen, ist die Party der Studenten schon in vollem Gange. Wir entschließen uns trotzdem, möglichst schnell das Gebiet des Nationalparks zu verlassen.

Unsere weitere Fahrt Richtung Ruanda führt uns durch eine malerische Gebirgslandschaft, vorbei an in den Tälern mäandernden Seen, über einen Pass den Flitzer nur mit Hilfe eines LKWs überwindet. An einer heißen Quelle machen wir halt und sind überrascht, welcher Beliebtheit diese sich unter der Bevölkerung erfreut. Jedes dazugehörige Wasserbecken und jeder darin befindliche Stein ist mit Leuten übersät, die sich geschäftig waschen oder einfach nur im Wasser liegen. Außerdem geht es dabei in dem sonst eher prüden Land sehr freizügig zu. Als Weiße fallen wir sofort auf und werden interessiert beobachtet. Hetai und Olli sind nicht so begeistert und nur Guido mischt sich unters badende Volk. Ihm wird sofort Seife gereicht und ein Waschplatz gewiesen. Das Wasser ist sehr warm bis heiß und bedenklich mit Seife angereichert. Trotzdem sehr angenehm sich mal wieder mit heißem Wasser abseifen zu können.

Im Dreiländereck zwischen Uganda, Ruanda und dem Kongo befindet sich der Bwindi Nationalpark einer der wenigen Orte, an denen noch Berggorillas leben. Zu ihrem Schutz dürfen offiziell pro Tag, zu einem Preis von 500 US Dollar, nur ca. 40 Besucher in den Park. Wie wir erfahren, gibt es aber auch die Möglichkeit, mit korrupten Parkangestellten für die Hälfte des Preises einen Ausflug zu den Gorillas zu unternehmen. Außerdem kommt es immer wieder zu Wilderungen, da sich der Kopf oder die Hände der Primaten gut als Souvenir verkaufen lassen. Auch wird der Park immer wieder als Rückzugsgebiet und Versteck von Rebellengruppen genutzt, wodurch die Affen zusätzlich bedroht sind.

Auf dem Weg zur ruandischen Grenze verfahren wir uns und stehen irgendwann an der kongolesischen Grenze, als wir dann zu spät vor dem ruandischen Grenzübergang stehen, ist dieser schon geschlossen. So erhalten wir die Möglichkeit, die Infrastruktur des Grenzortes kennen zu lernen. Der hohe Alkoholkonsum und die Existenz einer gut laufenden Bar sind auffallend. Spricht dies doch für eine gewisse Geldzirkulation. Verschiedene Geldwechsler speisen in den am Straßenrand stehenden Fastfoodbuden. Uns wird Omelett mit Zwiebeln und Milchtee empfohlen. Wäre auch das einzige, was zu diesem Zeitpunkt noch angeboten wird. Die Sicherheitslage soll ganz gut sein, „wir sind ja hier nicht in Kampala“, erklärt uns ein Grenzsoldat.

Dennoch empfiehlt er uns, direkt vor seinem Häuschen zu nächtigen. Im Lichte des Mondes sind die Konturen des nahe gelegenen Vulkans zu erkennen.


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